Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten: Wie funktioniert das?
💡
- Unternehmen, die Aktien ausgeben, können ihr Eigenkapital erhöhen, um beispielsweise neue Investitionen zu tätigen oder Schulden zu verringern.
- Effektive Kapitalerhöhungen (mit oder ohne Bezugsrechte) bringen frisches Kapital von außen in das Unternehmen, etwa durch die Ausgabe von jungen Aktien.
- Nominelle Kapitalerhöhungen hingegen nutzen Rücklagen des Unternehmens, um das Kapital zu erhöhen.
- Bei Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechten wird bisherigen Aktionären das Privileg eingeräumt, die neu ausgegebenen Aktien zuerst zu erwerben, um ihre Anteile am Unternehmen (und damit ihre Mitbestimmung) nicht zu verwässern.
- Diese Bezugsrechte erhalten eine Wertpapierkennnummer (WKN) und können während der begrenzten Bezugsfrist gehandelt werden. Ihr Ausgangspreis setzt sich aus dem Preis der Alt- und Neuaktien zusammen, zudem wird das Bezugsverhältnis (zwischen Aktien und Bezugsrechten) in die Rechnung inkludiert.
👉
- Wenn ein Unternehmen, in das du investiert bist, eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten durchführt, werden dir automatisch diese Bezugsrechte in dein Depot eingebucht.
- Während der Bezugsfrist (die mindestens 14 Tage dauert), kannst du die Bezugsrechte entweder ausüben und mit ihnen neue Aktien kaufen oder du kannst sie verkaufen.
- Wenn du nichts tust, werden die Bezugsrechte am Ende der Frist automatisch von deinem Broker verkauft (wahrscheinlich dann zu einem für dich ungünstigen Preis).
- Für die Weisung von und den Handel mit Bezugsrechten werden Gebühren deines Brokers fällig, die du im Preis- und Leistungsverzeichnis findest.
Was ist eine Kapitalerhöhung?
Aktiengesellschaften geben Unternehmensanteile aus, die wir als Investoren für gewöhnlich an der Börse erwerben und damit uns am Unternehmen beteiligen können. Der Zweck dieses Modells ist das Einwerben von Kapital, etwa für Investitionen in neue Produkte, Fusionen und Akquisitionen oder die Modernisierung des Unternehmens, kurz: um wettbewerbsfähig zu bleiben. Da Aktionäre Miteigentümer am Unternehmen sind, bezeichnet man das von ihnen eingebrachte Kapital als Eigenkapital.
Will eine Aktiengesellschaft (möglich auch bei Europäischen Gesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien) nun den Eigenkapitalanteil erhöhen, kann es die Kapitalmaßnahme der Kapitalerhöhung durchführen. Gründe hierfür können die geplante Übernahme von anderen Unternehmen, der Abbau von Schulden oder die Erhöhung der Sichtbarkeit und Relevanz für Aktionäre sein. Kapitalerhöhungen sind rechtlich durch das Aktiengesetz (AktG §§182–206) reguliert.
Man kann zwei grundlegende Arten von Kapitalerhöhungen bei Aktiengesellschaften unterscheiden: Effektive und nominelle Kapitalerhöhungen. Bei effektiven Kapitalerhöhungen wird frisches Kapital von außen angeworben, etwa durch die Ausgabe von neuen Aktien. Diese Art der Kapitalerhöhung kann noch einmal in Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechten (um die es in diesem Ratgeber gehen soll) und Kapitalerhöhungen unter Ausschluss von Bezugsrechten unterteilt werden. Wenn das Kapital um über 10% erhöht werden soll, ist die Ausgabe von Bezugsrechten verpflichtend.
Nominelle Kapitalerhöhungen kommen hingegen ohne neues Kapital von außen zurecht und sind den Innenfinanzierungen zuzurechnen. Sie werden durch Rücklagen des Unternehmens finanziert. In der Praxis können sie, einem Aktiensplit ähnlich, durch die Erhöhung der Anzahl der bestehenden Aktien durchgeführt werden. Eine solche nominelle Kapitalerhöhung unterliegt strengen rechtlichen Bestimmungen und muss beispielsweise angemeldet werden.
Die Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten
Wenden wir uns nun der Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten zu. Bei einer solchen Kapitalerhöhung werden neue Aktien öffentlich ausgegeben. Aktionäre erhalten das Privileg, zuerst eine gewisse Anzahl dieser neuen (“jungen”) Aktien zu erwerben und damit ihren prozentualen Anteil am Unternehmen stabil zu halten. Den vor der Kapitalerhöhung bereits investierten Aktionären soll kein Nachteil entstehen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den Stimmanteil der Altaktionäre und damit die Mitbestimmung am betreffenden Unternehmen relevant. Für das Unternehmen hat die Einbeziehung der Altaktionäre in Form von Bezugsrechten den Vorteil, dass diese oftmals leichter für den Zukauf von Aktien zu motivieren sind, um ihren Stimmenanteil zu erhalten, als Neuaktionäre anzuwerben.
Die Altaktionäre können die ihnen zugesprochenen Bezugsrechte entweder annehmen (dazu erteilen sie ihrem Broker eine Weisung) und mit ihnen junge Aktien erwerben oder sie verkaufen. Während die jungen Aktien des Unternehmens in der Phase der Bezugsrechte nicht frei erworben werden können, sind Bezugsrechte selbst wie Wertpapiere, erhalten eine Wertpapierkennnummer (WKN) und können am Markt gehandelt werden.
Der Zeitrahmen, in dem Bezugsrechte ausgegeben und gehandelt werden können, ist begrenzt: Laut dem Aktiengesetz müssen mindestens zwei Wochen, also 14 Tage, als Bezugsfrist eingeräumt werden, damit die Altaktionäre zum Bezugsrechtspreis junge Aktien erwerben können. Netto sind also in der Regel zehn Handelstage verfügbar, um die Bezugsrechte zu nutzen oder zu verkaufen.
💡
Handel mit Bezugsrechten
Von dem Bezugsrechte ausgebenden Unternehmen wird festgehalten, in welchem Verhältnis diese zu den bestehenden Altaktien an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Im Falle der Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten der Vonovia SE im Jahre 2021 lag dieses Verhältnis beispielsweise bei 20:7, je einzelner Altaktie demnach bei 2,858:1. Das bedeutete einerseits, dass für 20 alte Aktien 20 Bezugsrechtsanteile ausgegeben wurden. Andererseits konnten je 20 Bezugsrechtsscheine sieben junge Aktien erworben werden, beziehungsweise für 2,858 Bezugsrechte je eine neue Aktie.
💭
Der Preis der Bezugsrechte wird anhand des Kurses der alten Aktien, des Ausgangspreises der jungen Aktien und ihres Bezugsverhältnisses anhand der folgenden Formel ermittelt:
Wenn also die alten Aktien bei 90€ stehen, die jungen Aktien in Höhe von 80€ angesetzt werden und das Bezugsrecht im Verhältnis 1:5 liegt, liegt der Ausgangswert der Bezugsrechte bei 8,33€.
Da Bezugsrechte eben am Markt als Wertpapiere gehandelt werden können, kann im Verlauf logischerweise ihr Kurs schwanken.
Der Bezugsrechtshandel kann nur innerhalb der Bezugsfrist durchgeführt werden, was ihn zeitlich stark einschränkt. Er kann entweder direkt an der Börse betrieben werden – also im Falle von Kleinanlegern über ihren Broker –, was von der Konsortialbank, die die Kapitalerhöhung betreut, eingerichtet wird (aber nicht eingerichtet werden muss).
Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten in der Praxis
In den vergangenen Jahren gab es einige prominente Fälle von Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechten, etwa bei der TUI AG oder der Vonovia SE (beide in 2021). Wenn eine solche Kapitalerhöhung als Maßnahme von einem Unternehmen durchgeführt wird, in das du investiert bist, wirst du als Aktionär automatisch informiert und die dir zustehenden Bezugsrechte werden an dein Depot übertragen.
In der Aktionärsinformation findest du auch Angaben zur Bezugsfrist, in der du deine Bezugsrechte entweder ausüben oder verkaufen kannst. Dieser Handel findet dann auch über dein Depot statt. Sowohl für den Verkauf als auch für eine Weisung (also das Ausüben der Bezugsrechte) werden Gebühren fällig, die sich von Broker zu Broker unterscheiden, die du aber im Preis- und Leistungsverzeichnis finden kannst. Auch über das Bezugsverhältnis wirst du informiert, zu dem du junge Aktien kaufen kannst. Dieses ist so aufgesetzt, dass die bisherigen Aktionäre ihren Anteil am Unternehmen halten können und nicht verwässert wird.
Wenn du auf den Erhalt der Bezugsrechte nicht reagierst, werden diese vom Broker am Ende der Frist automatisch verkauft. Bedenke hierbei, dass sie wahrscheinlich zu einem für dich besonders ungünstigen Kurs verkauft werden. Zudem wird nach Ende der Frist aller Voraussicht nach der Kurs der Aktie fallen, da seine gesamte Anzahl erhöht wurde, und damit ist dein Anteil am Unternehmen relativ niedriger.