Weniger arbeiten, mehr leben?
John Maynard Keynes mag oft richtig gelegen haben. Doch in einer Sache befand sich der britische Ökonom auf dem Holzweg. Bis 2030, so seine Prognose vor fast 100 Jahren, würden wir in der Woche nur noch 15 Stunden arbeiten. Wir würden gar nicht wissen, wohin mit all der Freizeit, schrieb Keynes in seinem Aufsatz „Economic Possibilities for our Grandchildren“. Denn der technische Fortschritt würde uns genügend abgenommen und für jede Menge Wohlstand gesorgt haben. Jetzt schreiben wir das Jahr 2023 und über Freizeit im Überfluss hört man selten jemanden klagen. Gebessert hat sich schon einiges, wir arbeiten effizienter und im Schnitt deutlich weniger als früher (1913 waren es 55,5 Stunden). Rein theoretisch ist auch niemand gezwungen, 40 Stunden zu arbeiten, schließlich existiert ein Recht auf Teilzeit. Doch muss man es sich eben auch leisten können, nur die Hälfte zu verdienen und in die Rente einzuzahlen. Keynes Zukunftsvision scheint also ein Luftschloss gewesen zu sein. Oder doch nicht?
Vielleicht erleben wir bald eine abgeschwächte Form der 15-Stunden-Woche: die 32-Stunden-Woche. Die Diskussion um eine Vier-Tage-Woche ist (mal wieder) aufgeflammt. Weniger arbeiten bei gleichem Gehalt, lautet die Forderung, hinter der sich derzeit Gewerkschaften, Arbeitsforscher und einige Politiker versammeln. Dazu soll die Arbeit so effizient gestaltet werden, dass sie auch mit einem Tag weniger zu schaffen ist. Doch einige Kritiker können über solche Argumente nur den Kopf schütteln. Wäre eine Vier-Tage-Woche ein Wohlstandskiller, wie viele vermuten? Oder ist sie eine längst überfällige Reform, die sogar den Fachkräftemangel besiegen kann? Ein Pro und Contra.
Wochenarbeitszeit in Deutschland zwischen 1871 und 1990
Glücklicher, gesünder und produktiver?
Einer der lautesten Befürworter einer Vier-Tage-Woche ist die IG Metall. Schon 1993 hatte sie für die Mitarbeiter des VW-Konzerns das Modell durchgesetzt. Wenn auch die Beweggründe damals andere waren: Der Autobauer steckte in den 1990ern tief in der Absatzkrise und es galt, Tausende Stellen zu retten. So verkürzte der Konzern die Wochenarbeitszeit von 36 auf 28 Stunden und damit um 20%. Lohneinbußen erlitten die Beschäftigten dennoch, allerdings nur in Höhe von 10%. 2006 wurde die Vier-Tage-Woche wieder aufgelöst. Nun sieht die IG Metall die Zeit gekommen für eine Fortsetzung: Bei der kommenden Tarifverhandlung will sie für die Beschäftigten der Stahlindustrie die 32-Stunden-Woche durchbringen (bislang sind es 35) – und begründet das unter anderem mit der Gesundheit der Beschäftigten. Studien hätten gezeigt, so schreibt es die Gewerkschaft auf ihrer Website, dass ein Tag Erholung in der Woche sich positiv auf die Gesundheit auswirke.
Besser schlafen durch weniger Arbeit
Dass zu viel Arbeit krank machen kann, ist längst kein Geheimnis mehr. Die WHO geht davon aus, dass lange Arbeitszeiten von mindestens 55 Stunden pro Woche im Jahr 2016 weltweit zu beinahe 750.000 Todesfällen durch Schlaganfall oder ischämische Herzkrankheiten geführt haben. Eine Zunahme um 29% verglichen mit dem Jahr 2000. Doch auch die übliche 40-Stunden-Woche hinterlässt ihre Spuren, glaubt man einigen Befürwortern der Vier-Tage-Woche. Philipp Frey, Arbeitsforscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), verwies gegenüber dem Deutschlandfunk unlängst auf einen verbesserten Schlaf und ein geringeres Unfallrisiko durch einen Tag weniger Arbeit. Gesündere Mitarbeiter seien am Ende auch im Sinne der Arbeitgeber, so Frey. Sie seien motivierter und produktiver. Ähnlich argumentiert auch die IG Metall: Beschäftigte mit kürzeren Arbeitszeiten würden „ermüdungsfreier, konzentrierter und effizienter arbeiten.“
Steigende Produktivität
Eine viel zitierte Studie aus Großbritannien scheint das zu bestätigen: Insgesamt 61 Unternehmen haben 2022 testweise ein halbes Jahr lang ihre Mitarbeiter nur noch vier Tage arbeiten lassen, die meisten bei voller Bezahlung. Seit Kurzem liegen die Ergebnisse vor: 39% der Mitarbeiter sollen in dem Zeitraum weniger gestresst gewesen sein, Angstzustände, Müdigkeit und Schlafprobleme abgenommen haben. „Die geistige und körperliche Gesundheit verbesserten sich“, wie die Studienautoren es zusammenfassen. All das hat der Produktivität der Firmen scheinbar keinen Abbruch getan. Im Schnitt stiegen die Umsätze im Testzeitraum um 1,4% und bewegten sich damit weitgehend im gleichen Rahmen wie vorher. Wie repräsentativ die Studie ist, steht derweil auf einem anderen Blatt. 61 Unternehmen sind ohnehin nicht unheimlich viel, außerdem sollen am Ende nur 44–51 Unternehmen Daten zur Analyse eingereicht haben. Man kann sich also darüber streiten, wie repräsentativ die Umfrage ist.
Treibt uns weniger Arbeit also wirklich zu Höchstleistungen an? Nicht alle halten die Zahlen aus Großbritannien für einen validen Beleg dafür. Zum Beispiel Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte vom Institut der Wirtschaft. Dass die Unternehmen angaben, produktiver zu werden, habe auf Maßnahmen wie dem Kürzen und Streichen von Meetings beruht, sagte Schäfer im Interview mit dem institutseigenen Informationsdienst iwd. „Das sind Dinge, die man natürlich auch ohne Arbeitszeitverkürzung hätte umsetzen können.“ Noch dazu könne man Produktivität gar nicht am Umsatz messen, „denn Umsätze kann ich beispielsweise auch konstant halten, indem ich Leistungen extern zukaufe“.
Weniger Kündigungen, mehr Bewerber
18% der britischen Unternehmen scheint das Modell dennoch überzeugt zu haben. Sie wollen die Vier-Tage-Woche auch langfristig beibehalten, berichten die Studienautoren. Vielleicht auch, weil sie sich davon weniger Fluktuation versprechen. Denn auch die Kündigungszahlen sanken in der beobachteten Testphase. Von 100 Mitarbeitern verließen im Testzeitraum durchschnittlich nur noch 0,8 Personen das Unternehmen, zuvor waren es zwei. Ein Rückgang um 57%. „Das deutet darauf hin, dass die Vier-Tage-Woche dazu beigetragen hat, die Austritte aus diesen Organisationen zu reduzieren“.
Lösung für den Fachkräftemangel
Deutschland fehlen Erzieher, Techniker, Pfleger und Pädagogen – kurzum: Fachkräfte. Würde dieser Mangel nicht verschärft, wenn plötzlich alle nur noch vier Tage arbeiten gingen? Ganz im Gegenteil, meinen Befürworter wie der Arbeitsforscher Philipp Frey. Eine Vier-Tage-Woche könne für viele Unternehmen sogar die Lösung des Fachkräftemangels sein, sagte er gegenüber dem SWR. Denn der Job würde dadurch attraktiver, was wiederum Bewerber anlocken würde.
Das Modell könnte auch zum Aufstocken bewegen, meinen andere. Wer derzeit beispielsweise 50 oder 60% arbeitet, könnte durch die Vier-Tage bei voller Bezahlung motiviert sein, die Arbeitszeit zu erhöhen – weil sich das schlichtweg finanziell mehr lohnen würde als bisher.
Mehr Zeit für sich selbst und die Familie
Rund 81% der Vollzeitbeschäftigten wünschen sich eine Vier-Tage-Woche. Das hat eine Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung unter rund 2.500 Arbeitnehmern ergeben. Doch was erhoffen sich die Angestellten davon? Die große Mehrheit (fast 97%) nannte die Familie als Grund, 87% Hobbys, Sport und Ehrenamt (Mehrfachnennungen waren möglich). Bisher sind es immer noch vor allem die Frauen, die sich um Kindererziehung, Haushalt oder die Pflege von Angehörigen kümmern – und deswegen vielfach die Arbeitszeit herunterschrauben. Mit einer Vier-Tage-Woche für alle könnte der zweite Partner mehr Care-Arbeit übernehmen, meinen Befürworter. Und damit mehr Gerechtigkeit in Paarbeziehungen bringen.
Weniger Arbeit, weniger Energieverbrauch
Ein Tag Arbeit weniger pro Woche kann auch die Umwelt schonen. So lautet ein weiteres Argument aus dem Kreis der Befürworter. Zum Beispiel, weil sich Mitarbeiter die Anfahrt sparen. Und das mag stimmen, wenn der tägliche Arbeitsweg aus 49 Kilometern Autobahn besteht. Bei einem Home-Office-Mitarbeiter wird die Wirkung geringer sein. Außerdem setzt es voraus, dass die Einsparungen nicht direkt wieder zunichtegemacht werden. Etwa, weil das dreitägige Wochenende fortan für Kurztrips nach Mallorca genutzt wird.
Was gegen die Vier-Tage-Woche spricht
Acht Stunden mehr Freizeit in der Woche. Wer würde dazu schon Nein sagen? Gar nicht so wenige, wie aktuelle Umfragen ergaben. Immerhin knapp 17% der Arbeitnehmer lehnen eine Vier-Tage-Woche ab, das hat sowohl eine Umfrage des HDI als auch eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung ergeben. Wie kann das sein? Rund 77% der Ablehner äußerten Bedenken, die derzeit auch von Volkswirten und Arbeitgeberverbänden gegen die Arbeitszeitverkürzung hervorgebracht werden: Sie sind überzeugt, dass ihre Arbeit nicht an vier Tagen zu schaffen wäre. 69% glauben, dass sie ihre Arbeit nicht einfach einen Tag ruhen lassen können.
Arbeit lässt sich nicht überall effizienter gestalten
Eine Vier-Tage-Woche bei gleichem Gehalt mag nach geschenkter Freizeit klingen. Doch das ist sie nicht, wenn in dieser Zeit dasselbe Pensum wie zuvor geschafft werden soll. Will man die Arbeitszeit um 25% verringern, ohne damit indirekt den Stundenlohn zu erhöhen, muss die Arbeit verdichtet werden. Meetings müssen verkürzt, Päuschen gestrichen und Abläufe beschleunigt werden. Viele Gegner der Vier-Tage-Woche bezweifeln, dass das so einfach geht: „Diese Vorstellung, es gäbe eine Produktivitätsreserve in einer Größenordnung von 25 Prozent, bei der die Unternehmen bisher nur zu doof waren, sie zu heben, und die sich nur dann realisiert, wenn man die Viertagewoche einführt, ist abenteuerlich“, sagte Holger Schäfer vom IW gegenüber dem iwd. Der Sozialwissenschaftler Stefan Sell äußerte sich zuletzt ähnlich gegenüber dem Deutschlandfunk. In vielen Bereichen könne man die Produktivität nicht genügend steigern, um die wegfallenden Arbeitszeiten zu kompensieren.
Die Vier-Tage-Woche als Lösung für den Fachkräftemangel? Für den Ökonomen Holger Schäfer ist diese Idee eher zum Kopf schütteln. Er bezeichnet sie als „nicht vereinbar mit unseren aktuellen volkswirtschaftlichen Problemen“. Der Fachkräftemangel würde keineswegs gelöst. Auch mit einer Vier-Tage-Woche verschärfte er sich weiter. „Die geburtenstarken Jahrgänge gehen bald in Rente. In dieser Situation noch weniger zu arbeiten, kann nicht funktionieren“, so Schäfer gegenüber dem iwd.
Arbeitsverdichtung kann krank machen
Mal abgesehen von einem möglicherweise geringeren Output, kann die Vier-Tage-Woche auch das Gegenteil von dem bewirken, wozu sie eigentlich gedacht ist – und krank machen. Denn nicht in jedem Unternehmen und Arbeitsplatz gibt es massig Potenzial für Zeiteinsparungen. Häufig genügen trotz effizienter Arbeitswege nicht mal die 40 Stunden, um alles vom Tisch zu bekommen. Das Versprechen von steigender Erholung und weniger Stress würde sicher in manch einem Betrieb eingehalten, doch längst nicht in jedem. Man darf nicht davon ausgehen, dass jeder Betrieb von innen gleich aussieht. Dass die Mitarbeiter täglich eine Stunde schwatzend am Vollautomaten stehen oder ab 16 Uhr in den Sekundenschlaf fallen, nachdem sie sich in den zehnten ausufernden Zoom-Call eingewählt haben. Und dass es in jedem Unternehmen Einsparpotenziale gibt.
Nichts für jede Branche
Es gibt ganze Branchen, in denen sich die Arbeit schlichtweg nicht verdichten lässt, weil sie zu bestimmten Zeiten erledigt werden muss. Busfahrer, Kassierer, Pflegekräfte und Erzieher können die Arbeit von fünf Tagen nicht einfach an vieren verrichten. Damit würde eine generelle Vier-Tage-Woche in vielen Branchen nicht funktionieren, wenn nicht gleichzeitig beim Personal aufgestockt wird. Es müsste also laufen, wie von den Apologeten der Arbeitszeitverkürzung vorhergesagt: Mitarbeiter stocken auf oder steigen überhaupt erst ein, weil es da plötzlich ein attraktiveres Angebot gibt.
„Samstags gehört Vati mir“
Vielleicht ist aber auch einfach die Zeit reif für die Vier-Tage-Woche. So wie vor rund 60 Jahren, als Gewerkschaften die Fünf-Tage-Woche erkämpften. Denn noch bis 1967 war es völlig normal, auch samstags zu arbeiten. Mitte der 50er formierte sich dagegen eine Protestbewegung, der DGB warb mit dem Slogan: „Samstags gehört Vati mir.“ Die Begründungen der Verfechter hört man so oder ähnlich auch heute wieder von vielen Vollzeit-Angestellten: „Zur Auffrischung der erschöpften Kräfte reichen die Ruhezeiten nicht mehr aus. Die soziale und sittliche Grundlage des Familienlebens ist gefährdet“, stand im Aktionsprogramm des Gewerkschaftsbundes.
Nun hat die damalige Verkürzung ohne Frage Gutes bewirkt. Nicht nur fürs Familienleben und die Gesundheit der Beschäftigten, sondern auch für die Wirtschaft. Allerdings auf etwas andere Weise: Mit der gewonnenen Freizeit stieg der Konsum. Wer mehr Zeit hatte, widmete sich eher einem Hobby, lernte ein Instrument oder fuhr übers Wochenende mit der Familie aufs Land. Dinge, für die die Menschen bei sechs Tagen Arbeit seltener Geld ausgegeben haben. So stiegen durch die verkürzte Arbeitszeit sogar teilweise die Umsätze.
Und man kann verstehen, dass sich Menschen mehr Freizeit neben der Arbeit wünschen. Vor allem, wenn die Entlohnung dann nicht einmal besonders üppig ausfällt. Nichtsdestotrotz müssten wir dafür einen Preis zahlen. Schon vor 60 Jahren gab es den freien Samstag nicht umsonst, die Arbeit wurde verdichtet, Zusatzleistungen teilweise reduziert. Auch wenn einiges für die Vier-Tage-Woche spricht, muss sie so ausgestaltet werden, dass sie das Stresslevel nicht zu stark erhöht. Und das wird nicht überall möglich sein. Durch eine Umverteilung der Arbeit auf mehrere Schultern könnte das verhindert werden. In den 1960ern ist das gelungen, doch galt es damals auch, die Arbeitslosigkeit einzudämmen. Heute stecken wir mitten im Fachkräftemangel, für einige Jobs finden sich kaum qualifizierte Bewerber. Es bliebe abzuwarten, ob die Vier-Tage-Woche daran viel rütteln kann. Einen Versuch wäre es vermutlich wert.
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Kommentare (15)
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Linda Scheller
sagt am 05. August 2023
Hallo Mona Linke, ich finde ihr Thema sehr wichtig. Ich bin der Meinung, dass mit der 4 Tage Woche, für viele Menschen in verschiedenen Berufen, definitiv eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf erzielt werden kann und dadurch auch eine gewisse Erwerbsminderung in Kauf genommen wird. Auch interessant: https://copecart.com/products/fbb75f7f/p/schellerlinda/
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Peter
sagt am 14. Juli 2023
Ich habe tatsächlich einen völlig anderen Ansatz. Meiner Ansicht nach ist weniger die 5 Tage Woche das Problem als der 8 Stunden Tag. Würde ich nur 30 Stunden arbeiten, könnte ich um 8 anfangen und um 2 Feierabend machen. Dann habe ich genug Erholung und Zeit für Hobbies. Dafür würde ich sogar in Betracht ziehen, samstags zu arbeiten. So für 4 Stunden. Die Müdigkeit und Abgekämpftheit, die ich spüre nach 8 Stunden im Büro ist erheblich mehr als bei 6 Stunden. Vom Gefühl her machen diese beiden letzten Stunden mir den Tag kaputt. Das ist für mich der Unterschied zwischen, es gibt Tielkühlpizza auf dem Sofa und ich habe noch Lust auf ne Radtour und gescheit kochen. Just my two cents.
A
Anton
sagt am 27. Juni 2023
Tja die 4 Tage Woche wird nicht flächendeckend umzusetzen sein. Es gibt gewiss Bereiche in denen es möglich ist. Mir schwebt da natürlich Büroarbeit vor Augen (Anwälte, Bürokräfte, Buchhalter, etc.). Hier sollte es grundsätzlich möglich sein, die Arbeit zu verteilen und umzustrukturieren. Grundsätzlich in vielen Berufen, die auch im HO arbeiten können. Aber in Berufen mit "Anwesenheitspflicht" wie Pflege und ähnliches wird es nicht möglich sein. Daher kann man nicht gesetzlich festlegen, dass die 4 Tage Woche kommt. Alternative: Man DARF mehr als die 4 Tage arbeiten, um dann halt mehr Geld zu verdienen und macht dadurch alle Berufe sofort finanziell attraktiv in denen die 4 Tage Woche sowieso nicht möglich ist. So haben diese Leute zwar weiterhin 5 oder mehr Tage die Woche zu arbeiten, aber zumindest eine hohe Gehaltserhöhung.
M
Markus
sagt am 11. Juni 2023
Eine 4-Tage-Woche kommt einer Lohnerhöhung von 25% gleich. Welcher AN hätte das nicht gerne? Aber: das muss sich der AG erstmal leisten können und das ändert auch nichts an den grundlegenderen Problemen der ungerechten Bezahlung, der Familien, die kaum über die Runden kommen und der Unattraktivität vieler Unternehmen mit altmodischer Firmenkultur. Und nicht jeder weiss mit dem zusätzlichen freien Tag auch etwas anzufangen. Party schon am Donnerstag statt erst am Freitag? Für Familien mag der zusätzliche freie Tag schön und gut sein aber viele wollen einfach Karriere machen oder einfach nur so viel Geld woe möglich verdienen… Oder gehen so in ihrem Beruf auf, dass sie mit Freude zur Arbeit gehen? Ja auch solche Menschen soll es geben. Wie viele AN würden denn dann gerne auf ein 125% Pensum wechseln wollen, um einfach das Einkommen aufzubessern? Es steht/stand schon immer jedem frei, nur 4 Tage die Woche zu arbeiten, wenn er/sie es sich leisten kann.
S
Satoshi
sagt am 10. Juni 2023
Wieso wird darüber überhaupt diskutiert statt es den Individuen zu überlassen. Jeder kann doch für die eigene Situation am besten entscheiden, was besser passt. AG & Arbeiter einigen sich dann einfach unter sich.
M
Matze - der Sammelbegriff
sagt am 19. Juli 2023
Ich denke, weil das eine gesellschaftliche Frage ist. Viele Arbeiter arbeiten 40h "weil es eben üblich ist" und nicht weil sie sich die Stundenzahl frei gewählt haben. Die Politik hat hier die Möglichkeit, gesellschaftlich einzugreifen um jene Mitarbeiter zu unterstützen, die eine toxische Arbeitsumgebung fürchten, wenn sie selbst weniger Stunden "erkämpfen" müssten.
A
Achim
sagt am 09. Juni 2023
Ich habe (als Mann) seit mehr als 20 Jahren den Freitag frei, bin damals also ganz bewußt gegen Aufgabe eines Teils meines damaligen Gehalts (20% brutto weniger, waren damals 13% netto weniter) auf Teilzeit gegangen. Ich konnte mir das finanziell erlauben, eine berufliche Weiterentwicklung stand nicht in Aussicht, eine Arbeitsplatzwechsel ging aus verschiedenen Gründen nicht. Ich bin glücklich mit dieser Lösung, bis heute. Die Kollegen sind neidisch auf mein langes Wochenende, einer ist bis heute nicht darüber weggekommen. Ein Mittelchef wollte meine Teilzeit nicht akzeptieren, er hat jahrelang genervt, ob ich nicht statt eines freien Tags zwei halbe nehmen könnte. Das wäre für mich ein schlechtes Geschäft gewesen. Die Anwesenheitsunkultur ist noch nicht überwunden (Bei uns ist Home office nicht zu machen). Irgendwann mal war dieser Mittelchef weg, und die Nerverei hat aufgehört. Mit meiner Arbeit bekomme ich die Teilzeit gebacken, ich muß nur wenig schangeln. Für ein allgemein praktikables Schema halte ich das aber nicht, zumal die in meinen Augen komische Vorstellung in der Luft schwebt, daß die Reduktion der Arbeitszeit ohne Lohnverlust gehen soll. In meiner Arbeit ist eine ganze Menge Luft, die ich allerdings nicht herauslassen kann. Ich hätte durchaus Valenzen, meine Arbeit zu verdichten. Ich wäre dazu auch bereit, wenn ich dafür den Freizeitgewinn hätte. Dafür müßte aber im Unternehmen etliches umstrukturiert werden, und daß das passiert, sehe ich einfach nicht. Wohlgemerkt: Das wäre nicht für mich, sondern für alle. Ich bin erstaunt, wie großzügig bei uns mit einer an sich teuren Ressource (nämlich der Arbeitszeit) umgegangen wird, wohingegen die Controller bei den Sachkosten höchst kleinlich sind. Schon meine Abwesenheit an einem Tag, der üblicherweise Arbeitstag ist, führt zu bestimmten Engpässen, die ich nicht beheben kann und will. Wenn eine Anfrage an einem Freitag hereinkommt, kann ich die wegen Abwesenheit nicht vor Montag beantworten. Manche Leute wollen das nicht einsehen und wollen mir das Defizit ans Bein hängen, was ich aber nicht annehme. Mein Arbeitgeber bezahlt mich für 80% der Wochenarbeitszeit und hat in dieser Zeit auch Anspruch auf meine volle Arbeitsleistung. 20% bezahlt er mich nicht, in diesen 20% bin ich auch nicht da, ich übernehme keine Verantwortung für Arbeit, die in dieser meiner Abwesenheit liegenbleibt. Man kann viele Arbeitsstellen so organisieren, daß man eine tageweise Abwesenheit einiger Arbeitnehmer kompensieren kann. Alle aber nicht. Ich war mit Abstand der erste, der sich einen freien Tag genommen hat, ich hatte damals die freie Auswahl und habe mir daher den Freitag genommen. Wenn das Verfahren populärer wird, wird nicht jeder das Wochenende verlängern können, einige werden auch einen Dienstag oder Donnerstag als freien Tag angeboten bekommen. Wir sind es (noch?) gewöhnt, daß Läden sechs Tage geöffnet sind, wohingegen die meisten nur fünf Tage arbeiten. Ich sehe hier in dieser Stadt, daß einzelne Läden wegen Personalmangel beispielsweise am Montag geschlossen haben. So etwas wird sich nicht bessern, wenn dereinst alle nur noch vier Tage in der Woche arbeiten. In meinen Augen ist Arbeitszeitverkürzung in Zeiten des Arbeitskräftemangels der falsche Weg.
D
Denis
sagt am 09. Juni 2023
Ich glaube eine 4 Tage Woche kann in vielen Branchen eine tolle Sache sein. Mein Ansatz wäre ein anderer, warum muss es sofort eingeführt werden? Mann könnte doch die Wochenstunden schrittweise reduzieren, jedes Jahr zwei Stunden pro Woche weniger. Im ersten Jahr bekommt der Mitarbeiter ein Mal pro Monat einen Tag frei, im zweiten Jahr sind es dann zwei… etc.
A
Alexabdra
sagt am 09. Juni 2023
Ich finde den Ansatz für viele Branchen erfolgsversprechend. Gerade als Mutter von einem kleinen Kind kann ich sagen, dass man als Frau fast immer den Kürzeren zieht. Wir sind häufig zur Teilzeit gezwungen; eine Vier-Tage-Woche könnte uns mehr Freiheit einräumen. Denn meine „Rente“ sehe ich noch nicht einmal in dreißig Jahren als hoch genug, um davon (über)leben zu können. Vielleicht ist die Idee aber auch nur ein Aufschrei, der Arbeitgeber zum Umdenken lenken soll. Mal ehrlich – wie viel Zeit verplempern wir in unnötigen, ausgedehnten Meetings, langen Telefonaten oder mit „Warten auf den Chef“, um endlich weiter arbeiten zu können. Wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern mehr Vertrauen und mehr Handlungsfreiheit geben würden, könnte die Arbeit so effizient gestaltet werden, dass die Vier-Tage-Woche nur noch eine logische Konsequenz wäre. Oder dass Mitarbeiter bei gleichem Lohn früher gehen dürfen, weil sie einfach fertig sind. Das gilt natürlich nicht für alle Branchen, aber für viele.
R
Robin
sagt am 09. Juni 2023
Natürlich muss eine 4-Tage-Woche mit Verringerung der Stundenzahl und des Pensums einhergehen, sonst bringt es keine Vorteile. Es ist genug Einsparpotenzial bei den Gehältern der Chefetagen und mit Steuern für Superreiche vorhanden!
H
Huhn
sagt am 09. Juni 2023
Was ist mit den Mittelständischen Unternehmen? Steuern für die "Superreichen" sorgen nur für Unternehmensabwanderungen und Arbeitsplatzverlusten.
T
Tanja Lam
sagt am 09. Juni 2023
Mein AG hat die 4Tage Woche vor einem Jahr eingeführt, leider hat er da was falsch verstanden… 4 Tage Woche = gleichbleibende Std-Anzahl = gleichbleibendes Gehalt. Es sind jetzt 10 statt 8 Std am Tag. „Ach klar die zwei Std mehr sind doch nicht schlimm!“ 😂😂😂😓 doch leider schon… zwei Std mehr auf Kunden warten, zwei Std spöter nach Hause kommen, zwei Std weniger Zeit für Kinder, Freunde und Familie und das Tag für Tag. Dazu noch früher aufstehen. Statt um 6 oder 6:30 Uhr stehe ich jetzt um 5 Uhr auf. Also dieses Modell der 4 Tage Woche Schlauch sehr, setzt einem sehr zu, lässt einen schlechter schlafen, und wenn man frei hat, hat man keine Energie für Aktivitäten, man muss sich ja von seiner Schicht erholen und den nicht geschlagenen Nächten. Ich hätte gern die 5 Tage wieder zurück!!!! Sofort.
A
Anonym
sagt am 09. Juni 2023
Ihr Arbeitgeber hat es tatsächlich nicht verstanden. Würde er die 2 h Reduzieren und AN einstellen, können die Arbeit dann besser aufgeteilt werden? Was meinen sie dazu? Denn dann wäre eben “nur“ die Gehaltsminderung betroffen und die Zeit für Familie und co bliebe erhalten. LG
A
Anonym
sagt am 09. Juni 2023
Um die aktuellen Schwierigkeiten in unserem Land zu lösen halte ich für eine 4 Tage Woche für den völlig falschen Ansatz. Zuerst sollte sich Arbeit wieder lohnen in dem Sozialleistungen für Nicht-Arbeit deutlich reduziert wird. Das eingesparte Geld nutz man zur Lohnsteuerreduzierung. Sofort würde es dazu beitragen, dass sich tendenziell mehr Menschen um eine Arbeit kümmern und sich ausbilden lassen.
M
Marie-Antoinette von Österreich-Lothringen
sagt am 13. Juni 2023
Wieso Anonym? Bekenn dich zu deiner Meinung. Ich habe den Menschen damals auch gesagt, wenn sie kein Brot mehr haben, sollen sie einfach Kuchen essen. Ich finde es auch blöd, dass sich die Sozialleistungen nicht unter die Existenz-Grenze senken lassen. Das Problem ist auch nicht, dass sich viele Arbeit schon am Existenzminimum befindet. Arbeit belebt. Dafür lohnt es sich doch schon alleine morgens aufzustehen. Apropos ausbilden lassen: Ich finde es super, dass die Jobcenter zu Pflicht-Bastel-Stunden einladen. Das diese Nichtsnutze wenigstens mal das Ausschneiden von Karton beherrschen lernen.
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