Der Schein trügt
5,1 Mio. Euro Falschgeld zirkulierten 2023 durch Deutschland und damit fast 90% mehr als im Vorjahr. Woher kommen die Blüten und wie verhindert man, zum Mittäter zu werden?
Im Internet lässt sich bekanntlich alles bestellen, seit einiger Zeit auch Geld. Für 10,90€ bekommt man bei Amazon zum Beispiel 150 Banknoten. Einige Hunderter, zwei Dutzend Fünfziger und sogar ein paar Fünfhunderter. „Mein Gott, ist das super!“, findet ein Rezensent, ein anderer meint, die Scheine böten „eine Menge Spaß und kreative Möglichkeiten“. Die Möglichkeiten wären vermutlich noch breiter, trügen die Scheine nicht allesamt den Schriftzug „Movie Money“ und fühlten sich etwas sonderbar an. Denn bei den vermeintlichen Banknoten handelt es sich um Filmgeld. Man möchte meinen, dass sich die Requisiten rasch als solche identifizieren lassen und deswegen nur selten zum Einsatz kommen, trotzdem ziehen die Behörden seit einigen Jahren immer öfter „Movie Money“ aus dem Verkehr. 2020 wollte ein 52-Jähriger seine Geldstrafe beim Amtsgericht Frankfurt damit begleichen, vor einigen Monaten versuchte es ein Mann bei einem Dönerstand in der Ostprignitz.
Doch Delikte wie diese sind nur die Spitze des Eisbergs in der Welt des Falschgelds. 2023 registrierte die Deutsche Bundesbank rund 56.600 unechte Euro-Banknoten im Nennwert von insgesamt 5,1 Mio. Euro. Hinzu kamen immerhin rund 115.900 falsche Münzen, die meisten davon 2€-Stücke. Insgesamt stieg die Menge an falschen Scheinen im deutschen Zahlungsverkehr um ganze 28% im Vergleich zum Vorjahr. Noch beträchtlicher wuchs die Schadenssumme an: 2022 bezifferte die Deutsche Bundesbank sie noch auf 2,7 Mio. Euro – das ist beinahe halb so viel wie 2023.
Anzahl der falschen Euro-Banknoten von 2005 bis 2023
Blickt man allein auf die Stückzahlen an gefälschten Banknoten, sticht das Jahr 2023 mit etwas über 56.000 Imitate nicht besonders hervor. Weltweit kursieren jedes Jahr gut und gern zehnmal so viele falsche Euro-Noten. Was den Falschgeld-Umlauf in Deutschland betrifft, springt einem eher das Jahr 2015 ins Auge, in dem die Behörden mehr als 95.000 Geldscheine beschlagnahmten. Tatsächlich handelte es sich dabei vor allem um Zwanziger oder Fünfziger. Die Schadenssumme bezifferte die Bundesbank damals auf rund 5,5 Mio. Euro. Zur Erinnerung: 2023 lag sie bei 5,1 Mio. Euro und damit nur leicht darunter.
Neue Banknotenserien sollen vor Betrug schützen
Dass ausgerechnet 2015 so viele Blüten im Umlauf waren, erklärt sich die Bundesbank in erster Linie dadurch, dass die Fälscher zuvor viel Zeit hatten, sich zu professionalisieren. „Im Jahre 2015 waren noch hauptsächlich Banknoten der ersten Banknotenserie im Umlauf“, sagt Sven Bertelmann. Er leitet das Nationale Analysezentrum für Falschgeld und beschädigtes Bargeld in Mainz, das zur Bundesbank gehört. Die 2015er-Banknoten waren seit Einführung des Euro im Jahr 2002 im Umlauf, also immerhin 13 Jahre. Genügend Zeit, um „Fortschritte bei der Reproduktion zu erzielen“, meint Bertelmann, „sodass über die Jahre die Fälschungen anstiegen“. Erst ab 2013 wurden schrittweise die ersten Exemplare der zweiten Serie in Umlauf gebracht, womit sich der Bargeld-Experte den spürbaren Einbruch der Fälschungszahlen ab 2016 erklärt. „Das ist auch ein Grund, warum Notenbanken nach einiger Zeit neue Banknoten mit verbesserten Sicherheitsmerkmalen ausgeben.“
Autos und Uhren: Fälscher hatten 2023 Großes vor
2023 hatten es Fälscher vor allem auf große Stückelungen abgesehen: auf 100er, 200er und 500er, wie die Bundesbank in ihrer Pressenotiz von Anfang 2024 aufschlüsselt. Besonders beliebt waren demnach 200er-Scheine, der Zuwachs im Vergleich zu 2022 lag bei ganzen 266%. Fünfer und Zehner vernachlässigten die Fälscher eher (-14% / -13%), hingegen wurden mehr als doppelt so viele 500er in den Handel geschleust.
Stückelungen Falschgeld 2023
Noten | Anzahl | Anteil (gerundet) | Veränderung zum Vorjahr |
5€ | 691 | 1% | -14% |
10€ | 3.464 | 6% | -13% |
20€ | 12.346 | 22% | -1% |
50€ | 21.586 | 38% | +19% |
100€ | 7.081 | 13% | +31% |
200€ | 8.763 | 15% | +266% |
500€ | 2.641 | 5% | +167% |
Gesamt | 56.572 |
„Der Anstieg erklärt sich durch wenige Fälle, bei denen hochpreisige Güter über Betrugsmaschen mit Falschgeld bezahlt wurden“, sagt Sven Bertelmann. Zum Beispiel seien Luxusuhren oder teure Autos mit dem Falschgeld bezahlt worden, was die hohen Schadenssummen erkläre. Die betrogenen Händler gehen in solchen Fällen übrigens leer aus: „Für Falschgeld gibt es keinen Ersatz!“, erklärt die Bundesbank auf ihrer Website, selbst wenn die Täter geschnappt werden. Anders gesagt: Wer die Blüten annimmt, ist am Ende stets der Angeschmierte.
Von einer Dunkelziffer an Falschgeld geht die Bundesbank übrigens nicht aus. Dazu sei der Automatisierungsgrad heute zu hoch, sagt Sven Bertelmann. Falschgeld sei nur eine kurze Zeit im Umlauf, weil es schnell auffalle, sobald es bei einer Geschäftsbank eingezahlt oder im Einzelhandel genutzt wird. „Es ist also nicht so, dass Falsifikate über Monate und Jahre unbemerkt zirkulieren.“
14 falsche Münzen pro Tausend Einwohner
Immerhin 115.900 gefälschte Euro-Münzen sicherten Ermittler 2023. Auf 10.000 Einwohner entfielen damit rechnerisch 14 falsche Münzen. Das sind sogar knapp 58% mehr als im Vorjahr. Sollte es womöglich lukrativer geworden sein, Euro-Stücke zu pressen? Mitnichten. Der Hauptgrund sei, so erläutert es die Bundesbank, „dass einige Unternehmen über Jahre falsch verdächtige Münzen gesammelt und im Jahr 2023 bei der Bundesbank eingereicht haben“.
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Wer Falschgeld weiterreicht, macht sich strafbar
Glaubt man der Statistik, ist die Wahrscheinlichkeit verschwindend gering, im Alltag an Blüten zu geraten. Während auf 10.000 Einwohner 2023 besagte 14 Fake-Münzen entfielen, waren es bei den Banknoten gerade einmal sieben pro 1.000 Einwohner. Irgendjemanden trifft es am Ende aber dennoch, und die Wahrscheinlichkeit ist umso höher, je öfter Bargeld genutzt wird. Wer die Kommode über Ebay-Kleinanzeigen kauft, erhält möglicherweise Wechselgeld bar auf die Hand, ebenso im Restaurant, das keine Karte akzeptiert, beim Gebrauchtwagenhändler oder auf dem Flohmarkt. An der Supermarktkasse müssen Kunden eher selten fürchten, Falschgeld ausgezahlt zu bekommen, im Normalfall werden die Scheine durch elektronische Prüfgeräte geschleust. Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es aber nicht.
Was also, wenn einem doch mal eine Blüte unterkommt? Dann sollte man bestenfalls nicht lange fackeln, rät die Bundesbank. „Falschgeld ist der Polizei, falschverdächtiges Geld der Deutschen Bundesbank zu übergeben“, schreibt die Zentralbank auf ihrer Website und schickt sogleich eine Warnung hinterher: „Verstöße gegen die Anhalte- oder Anzeigepflicht können mit einer Geldbuße bis zu 100.000€ geahndet werden.“ Manchmal reicht es also schon, mit den Blüten zu bezahlen, um sich strafbar zu machen.
Bis zu fünf Jahre Gefängnis
Unschuldsbekundungen werden einem die Ermittler zumindest nicht auf Anhieb abkaufen. „Selbst, wenn man glaubhaft machen kann, dass man das Falschgeld unwissentlich weitergegeben hat, hat man die Ermittlungen zu erdulden, immerhin ist man zunächst Beschuldigter einer Straftat“, erklärt Sven Bertelmann. Geahndet wird die übrigens nicht gerade lax. Wer nach § 147 StGB Falschgeld in Umlauf bringt, muss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe rechnen. Das konkrete Strafmaß sei aber „natürlich jeweils vom Einzelfall abhängig“, sagt Bertelmann.
Am besten schütze man sich davor, indem man Geld nicht leichtfertig annehme. Banknoten sollten stets auf ihre Echtheit geprüft werden, bevor sie im Portemonnaie verschwinden, rät Bertelmann. Doch wie schafft man das als Laie, wenn die Blüte täuschend echt daherkommt?
„Fühlen – Sehen – Kippen“
„Jede Fälschung moderner Banknoten, zu denen natürlich auch der Euro gehört, ist grundsätzlich ohne besondere Hilfsmittel erkennbar“, heißt es bei der Bundesbank. Wenn auch nicht auf den ersten Blick, denn „grobe Abweichungen in Format, Farbe oder Bildelementen“ gebe es in der Regel nicht. Die Zentralbank rät, nach dem Prinzip „Fühlen – Sehen – Kippen“ vorzugehen und dabei die Sicherheitsmerkmale abzuklappern.
„Fühlen“ heißt laut Bundesbank zum Beispiel, das Papier auf seine Griffigkeit zu prüfen (die meisten Euro-Banknoten fühlen sich griffig und fest an). Fünfer und Zehner sind lackiert und deswegen etwas glatter. Auf einige Zwanziger trifft das laut Bundesbank ebenfalls zu (aber nicht auf alle). Eines verbindet aber sämtliche Geldscheine: Teile des Reliefs lassen sich erfühlen, darunter etwa einige Schraffuren am Rand.
Mit bloßem Auge sollte das Wasserzeichen überprüft werden, das auf echten Banknoten hervortritt, sobald man sie gegen das Licht hält. Kippt man den Schein, sollten sich Hologrammelemente leicht verändern. Zum Beispiel wechselt die Farbe der Smaragdzahl auf der Vorderseite leicht, zumindest bei den Scheinen der „Europa-Serie“. Banknoten aus der Serie 1 zeichnen sich dagegen unter anderem durch ein fühlbares Copyright-Relief aus.
„Erst die genaue Betrachtung, die Prüfung anhand der Sicherheitsmerkmale, macht eine Unterscheidung möglich“, heißt es bei der Bundesbank. Man solle sich also nicht allein auf den Gesamteindruck verlassen, sondern „bewusst auf einzelne Sicherheitsmerkmale konzentrieren“. Jene benennt das Institut etwas ausführlicher auf seiner Website. Im Zweifel könnte es helfen, eine Vergleichsnote danebenzulegen, doch wer auf Nummer sicher gehen will, lässt die Scheine direkt von der Hausbank oder in einer Filiale der Bundesbank untersuchen.
Gefälscht wurde schon immer
Seit es Geld gibt, versuchen Menschen so zu tun, als hätten sie welches. Schon 700 Jahre vor Christus sollen die ersten Münzen imitiert und anderen untergejubelt worden sein. Im Mittelalter kursierten unechte Silber-Pfennige und in der ehemaligen DDR bastelte sich schon mal einen Ostmark-Schein, wer knapp bei Kasse war. Auch im Jahr 2024 fliegen bisweilen unprofessionelle Fälscher auf (in Leipzig soll einmal ein 50-Euroschein aus Toilettenpapier übergeben worden sein), aber auch solche, die sich besonders viel Mühe geben oder die Blüten gleich in einer professionellen Fälscherwerkstatt drucken. Einen solchen Betrieb in Deutschland aufzuspüren, bedeutet aber nicht unbedingt, dass weniger Falschgeld über die Ladentheken in der Bundesrepublik gereicht wird. Schließlich seien weder die Falschgeldkriminalität noch die Verbreitung auf Deutschland begrenzt, sagt Sven Bertelmann. „Ein nicht unerheblicher Teil des Falschgelds wird im Ausland hergestellt“.
Nationale Kriminalbeamte können dem Falschgeld-Geschäft daher nur begrenzt zu Leibe rücken, doch den Kollegen im Ausland dürfte es ähnlich gehen. Anfang April stellten Falschgeld-Fahnder in einer Lagerhalle in einer Gemeinde in Schleswig-Holstein sagenhafte 75 Kartons voller gefälschter US-Dollar sicher. Nennwert: 103 Mio. USD. Immerhin: Aufwändige Sicherheitsüberprüfungen konnten sich die Ermittler sparen. Es handelte sich mal wieder um „Movie Money“.
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