Gefangen in der Dispo-Falle
Von “Black Friday über den “Prime Day” bis hin zur “Cyber-Week” und dem “Mid-Season”-Sale: Das ganze Jahr über werden wir von Angeboten, Sparpreisen und angeblichen “Mega-Schnäppchen” überschwemmt. Überall blinken uns rote Sale-Schilder entgegen, sei es an der nächsten Straßenecke oder im Netz.
Abgesehen davon, dass die versprochenen Rabatte am Ende gar nicht so gigantisch ausfallen wie angepriesen (weil Händler vorher hohe Ausgangspreise ansetzen), sind solche “Spar-Angebote” für Schnäppchen-liebende Konsumenten vor allem eines: eine Schuldenfalle. Mit ein paar Tricks aber gelingt es dir, einen großen Bogen um solche “Fallen” zu machen.
Teil 1: So vermeidest du Schulden
Keine Frage: Wer gerade auf der Suche nach einer neuen Waschmaschine ist, weil das alte Gerät den Geist aufgegeben hat, kann sich natürlich auch die reduzierte Ware im Media-Markt-Katalog ansehen. Nun ist es bekanntermaßen so, dass Unternehmen ihre Werbung keineswegs schalten, um dem Kunden genau das anzubieten, wonach er ohnehin schon seit Monaten sucht. Nein, Werbeplakate, Spots und Anzeigen sollen den potentiellen Kunden vor allem davon überzeugen, dass er etwas braucht, von dem er noch gar nicht wusste, dass er es braucht. Wer sich schon mal durch die Angebote der Technik-Großhändler am Cyber-Monday oder den Schlussverkauf beim Modelabel geklickt hat, kennt dieses Gefühl: Eigentlich sucht man nach nichts - aber dann gibt es plötzlich die neuen Musikboxen zum halben Preis – da muss man doch zuschlagen?!
Tatsächlich nein. Denn es sind eben solche Ausgaben, die man sich als Konsument sparen sollte.
Der Mythos vom “Spar-Angebot”
Wer will, kann sich hier an einer Weisheit des US-amerikanischen Rappers Jay-Z orientieren: “You can’t afford something unless you can buy it twice”, hat der Musiker einmal in einem Interview gesagt. Zu deutsch: Du kannst dir etwas nur leisten, wenn du es auch zweimal kaufen könntest.
Helfen kann es auch, sich bei Sale-Artikeln stets diese eine Frage zu stellen: Würde ich das Produkt auch kaufen, wenn es nicht reduziert wäre?
Wenn dem nicht so sein sollte, dann sollte man es besser bleiben lassen, denn: Selbst wenn du statt des Normalpreises von 100€ nur 40€ bezahlen musst – dann hast du trotzdem nicht 60€ “gespart”. Du hast 40€ ausgegeben.
Klingt gut, kann aber fatal sein: Die 0%-Finanzierung
Der Autohändler bietet sie an, der Elektronik-Markt und auch das Möbelhaus: Die 0%-Finanzierung. Das verlockende Angebot hat allerdings seine Tücken: Zwar können sich Konsumenten mit einer Ratenzahlung ohne Zinsen tatsächlich Dinge leisten, die sie normalerweise vielleicht nicht auf einen Schlag bezahlen könnten. Dass es sich bei den Angeboten um gute Preise handelt, ist allerdings die Seltenheit. Schließlich zahlt am Ende der Händler die Zinsen für den aufgenommenen Kredit und wird das mit einem höheren Preis kompensieren wollen.
Ein weiter Nachteil für den Verbraucher ist, dass er mit einer 0%-Finanzierung so gut wie gläsern für das Kreditinstitut wird. Denn wer einen kostenlosen Kredit abschließen will, muss allerlei persönliche Daten angeben, ist dauerhaft erreichbar für den Kreditgeber und wird laufend mit neuen Angeboten überschwemmt.
Was viele Kreditkäufer außerdem nicht wissen: Ein Kreditgeschäft wird in der SCHUFA vermerkt.
Richtig absichern
Es ist eine Binsenweisheit, die beinah etwas zynisch klingen mag. Aber am besten vermeidest du Schulden, indem du weniger ausgibst, als du besitzt. Nun ist es so, dass einem im Lauf des Lebens immer wieder Situationen begegnen, die finanziell ganz schön einschlagen können. Die kaputte Waschmaschine ist hier der Klassiker. Vielleicht verlierst du aber auch plötzlich deinen Job oder die Selbstständigkeit läuft nicht, wie sie sollte. Vielleicht wirst du beim Hauskauf übers Ohr gehauen oder die Partnerschaft geht in die Brüche, eine teure Scheidung und ein Umzug müssen bezahlt werden? Okay, genug der Schreckensszenarien. Emotional können wir uns auf all das wohl nicht vorbereiten, wohl aber finanziell:
Gegen unvorhergesehene Ausgaben hilft: Leg’ dir einen Notgroschen an (etwa 3 bis 4 Netto-Monatsgehälter), die du sicher auf einem Tagesgeldkonto parkst. Je mehr du auf der hohen Kante hast, desto besser.
So weit zur Vermeidung von Schulden. Aber wie verhält man sich am besten, wenn man schon tief im Schuldenloch feststeckt? Auch dafür haben wir einen kleinen Leitfaden:
Teil 2: Schulden abbauen
Schulden abbezahlen - ja, wie denn, wenn ich nichts zurücklegen kann? Das ist eine der häufigsten Reaktionen auf das Thema “Schuldenabbau”. Tatsächlich ist es alles andere als einfach, aus dem Schuldenstrudel wieder herauszukommen. Zumindest versuchen kann man es allerdings, und dazu solltest du zunächst einmal eines tun:
Schritt 1: Deine Schuldensituation analysieren
Tatsächlich gibt es unterschiedliche Arten von Schulden - nämlich “gute” und “schlechte”. Beim Immobilienkauf zum Beispiel kann es sich durchaus lohnen, auf Fremdkapital zurückzugreifen. Gleiches gilt für die Finanzierung des Studiums oder die Weiterbildung. Hierbei handelt es sich meist um sinnvolle Investitionen, schließlich dienen sie der Zukunftsplanung und werden sich – anders als der neue Flat-Screen-Fernseher – Jahre später auszahlen.
Ganz anders sieht es mit sogenannten Konsumschulden aus: Die entstehen, wenn das Auto, die Hochzeit oder die große Reise auf Pump finanziert werden. Der große Nachteil von Konsumschulden: Die Zinsen sind in der Regel gigantisch hoch und können zum Beispiel bei einem Dispokredit 7-16% betragen.
Etwas gnädiger ist da der Ratenkredit. Auch der ist meist recht teuer, weil er genau wie der Dispokredit leicht zu haben ist und nicht durch einen direkten Gegenwert abgesichert werden muss.
Zur Schuldenübersicht gehört auch, dir ordentlich in einer (Excel)-Liste zu notieren, wie viele Zinsen du pro Kredit zahlst, wie hoch die monatliche Rückzahlungsrate jeweils ist und vor allem: Ob es Sondertilgungsrechte gibt. Womit wir bei Schritt 2 wären.
Schritt 2: Rückzahlung planen
Um deine Schulden loszuwerden, solltest du jede Situation nutzen, einen möglichst großen Teil abzubezahlen. Sogenannte Sondertilgungsrechte gibt es beispielsweise für Studienkredite. Sie geben dir die Option, auf einen Schlag auch mehr als die angesetzte monatliche Rate zurückzuzahlen. In jedem Fall solltest du prüfen, ob dir die Kreditgeber solche Sonderzahlungen genehmigen würde. Wenn dann das Weihnachtsgeld oder die Steuer-Rückzahlung hereinkommt, könntest du solche Gelegenheiten nutzen, direkt einen höheren Betrag zurückzuzahlen.
Schritt 3: Schulden optimieren:
Konsumschulden sind - wie gesagt - die teuersten Schulden. Solltest du bei mehreren Darlehensgebern in der Kreide stehen, kannst du allerdings versuchen, Schulden “umzuschichten”. In Absprache mit der Bank könntest du beispielsweise versuchen, den Darlehensbetrag auf dem Haus zu erhöhen (hier sind die Zinsen i.d.R. niedrig) und dafür den Dispo auf deinem Konto zu reduzieren (hier sind die Zinsen bei einem hohen Dispo gigantisch und sinken, wenn der Dispo herabgesetzt wird).
Vielleicht gibt dir die Bank auch die Möglichkeit, einen Dispo-Kredit in einen Ratenkredit umwandeln zu lassen (die Zinsen beim Ratenkredit sind i.d.R. niedriger). Oder du bietest der Bank eine Bürgschaft, also einen direkten Gegenwert für deine Schulden an (zum Beispiel das Auto oder die Immobilie). All diese Optionen wird kaum ein Kreditgeber von sich aus anbieten, schließlich bedeuten sie für die Bak ein schlechteres Geschäft. Viele Banken aber haben diese Optionen - es lohnt sich also, den Bankmitarbeiter persönlich darauf anzusprechen.
Schritt 4: Finanzen organisieren:
Weil Organisation beim Schuldenabbau das A&O ist, solltest du einen genauen Rückzahlungsplan erstellen. Wenn du über ein paar Wochen oder Monate ein Haushaltsbuch führst, weißt du über deine Fixkosten bescheid und wie viel du potentiell jeden Monat zur Seite legen könntest. Dieses Geld solltest du fest für die Schuldenrückzahlung einplanen und gegebenenfalls sogar automatisiert per Dauerauftrag jeden Monat von deinem Girokonto auf ein Tagesgeldkonto übertragen.
Solltest du auf keinen grünen Nenner kommen, was Einkünfte und Ausgaben angeht, steht natürlich an erster Stelle, hier etwas zu ändern. Also: Fixkosten so gut wie möglich zu reduzieren (überflüssige Abos, Mitgliedschaften, Versicherungen, Verträge) und darüber hinaus zu schauen, wo sich Kosten sparen lassen (Konsum, Einkäufe, Restaurantbesuche, Reisen etc.).
Verschuldet investieren?
An der Frage, ob man verschuldet Geld an der Börse anlegen sollte, scheiden sich die Geister. Viele Verfechter vom “Verschuldeten Investieren” führen hier das Argument an, dass sich der Schuldner ja mit seinen Finanzen auseinandersetzt und aktiv den Vermögensaufbau plant. Einige Anleger nehmen sogar einen Kredit auf, um mehr Geld investieren zu können. Wie sinnvoll das Ganze ist, haben wir hier schon einmal beantwortet.
Gegen das “Verschuldete Investieren” spricht in jedem Fall das enorme Risiko, das den Anleger noch stärker in die Misere treiben könnte. Schließlich wollen Kreditraten monatlich abbezahlt werden. Befindet sich das Geld dann in einem Fonds, ETF oder gar einer Einzelaktie, die über Wochen im Minus ist, müssen schlimmstenfalls gerade dann Geld abgezogen und Verluste realisiert werden.
Ordnung ist das A und O
Unvorhergesehene Ereignisse lassen sich nur schwer planen. So kann es durchaus passieren, dass man Schulden aufnehmen muss und über Jahre in einem Kreislauf aus Dispozinsen, schlechten Kreditbedingungen und entsprechend hohen Kosten hängen bleibt.
Um genau das von vornherein zu vermeiden, ist Vorbereitung nötig. Indem man die richtigen Versicherungen abschließt und teure Schadensfälle oder gar die Berufsunfähigkeit absichert. Indem man automatisiert spart und Geld zur Seite legt, um in schwierigen Zeiten auf einen Notgroschen zurückgreifen zu können. Und indem man unnötige Konsumausgaben grundsätzlich vermeidet, indem man sich genau überlegt, was man tatsächlich braucht und was man nur haben möchte, weil es das Sonderangebot der Woche ist.
Ordnung in den eigenen Finanzen ist das A und O, um gar nicht erst in den Schuldenstrudel zu geraten. Dazu gehört, die eigenen Ausgaben genau im Blick zu haben und herauszufinden, wie viel Spielraum die eigene finanzielle Situation bietet.
Das gilt übrigens auch für alle, die ihre Raten- und Dispokredite nicht mehr an einer Hand abzählen können. Auch hier sollte man sich (auch wenn es wehtut) einen genauen Überblick über die eigene Schuldensituation machen, bevor man aktiv mit dem Schuldenabbau beginnt.
Kommentare (2)
G
Georg Seebode
sagt am 16. Oktober 2020
Danke! Das feedback freut uns 😉
U
Uwe Eggert
sagt am 16. Oktober 2020
Wunderbarer Artikel, den jeder einmal pro Monat durchlesen sollte, um seinen finanziellen Durchblick zu behalten😎👌
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