Der Goldschatz der Deutschen – und warum er sich nicht heben lässt
Man kann es sich – vor allem im Augenblick – nur schwer vorstellen, aber: Die Bundesrepublik Deutschland sitzt auf dem zweitgrößten Goldschatz der Welt. Stolze 3.365 Tonnen ist er schwer und sorgfältig zerlegt in knapp 270.000 Goldbarren. Bei dem momentanen Goldpreis entspricht das etwa 203 Milliarden Euro. Den Spitzenreiter USA mit einem mehr als 8.100 Tonnen schweren Goldspeicher konnte die Bundesrepublik mit ihren Reserven noch nicht einholen. Dafür – sofern man nach der Gesamtmenge geht – Italien, Frankreich, Russland und die Schweiz. Gut die Hälfte der deutschen Barren liegt im Ausland, bei der Federal Reserve in New York und bei der Bank of England in London, der Rest schlummert in den Lagerstellen der Bundesbank in Frankfurt (Main). Wo genau, steht in der sogenannten Goldbarrenliste. Auf läppischen 2.376 Seiten hat die Bundesbank alle 270.000 Barren mit Inventarnummer, Gewicht, Feinheit und Feingewicht verzeichnet.
Seit Dekaden weckt das Gold der Deutschen Begehrlichkeiten. Alle Jahre wieder wird um die Frage gestritten, ob man den Goldschatz nicht mal heben könnte. Um klaffende Haushaltslöcher zu stopfen etwa oder um Ausgaben zu finanzieren, für die der Regierung das Geld fehlt. Wozu ein Sondervermögen nach dem nächsten beschließen, wenn doch in den Tiefen der Tresore ein Goldschatz verstaubt? Ein hübscher Gedanke, doch ganz so einfach ist es leider nicht.
„Holt unser Gold heim!“
Es lohnt sich eine kurze Rückschau auf eine Zeit, in der ein ganz anderer Zoff um die deutschen Goldreserven tobte. Oder besser gesagt: Als man noch an seiner Existenz zweifelte. „Wo ist das Gold der Deutschen?“, fragte 2012 der CSU-Politiker Peter Gauweiler in der Süddeutschen Zeitung. „Holt unser Gold heim“, skandierte eine gleichnamige Initiative zur selben Zeit. Hinter derlei Forderungen steckte die Angst, es könne sich bei den Rücklagen um „Papiergold“ handeln, also lediglich um „Goldforderungen“, nicht aber um wahrhaftige Barren. Weil die Bundesbanker ihren Goldschatz damals noch streng vor den Augen der Öffentlichkeit schützten, ließ sich das nur schwer überprüfen. Angeheizt wurde die Theorie von der Tatsache, dass damals noch ein Großteil des Goldes in den USA und Frankreich lag.
Inzwischen ist das Misstrauen weitgehend zerschlagen: Deutschland beugte sich der öffentlichen Kritik und ließ sein Gold nach Hause bringen. Zwischen 2013 und 2017 rumpelten unzählige Geldtransporter auf Schleichwegen zwischen den Kontinenten hin und her. Dazu öffnete man in den Folgejahren einigen Journalisten die Tresortüren, welche sich leibhaftig von den Barren überzeugen konnten.
Woher stammt das Gold?
Wie kommt die Bundesrepublik überhaupt zu ihrem Goldschatz? Kurz gesagt, durch eine Verquickung vorteilhafter Umstände. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfügte das Land zunächst über keinerlei Goldreserven. Das änderte sich in den 1950ern mit Anbruch des deutschen Wirtschaftswunders. Deutschland erwirtschaftete durch seine Exporte satte Leistungsbilanzüberschüsse, mit anderen Worten: Es wurde mehr produziert und exportiert als importiert. Zugleich war Deutschland ab 1952 Teil des sogenannten Bretton-Woods-Systems, einer Währungsordnung, auf die sich die stärksten Handelsnationen nach dem Krieg geeinigt hatten. Sie diente dem Zweck, stabile Wechselkurse zwischen den Währungen zu verankern. Zusätzlich erlaubte das System den Mitgliedstaaten, ihre USD-Bestände in Gold umzutauschen. Weil es damals üblich war, dass Länder mit Leistungsbilanzdefiziten ihre Schulden bei jenen mit Überschüssen in Gold begleichen, häufte die Bundesrepublik die ersten großen Goldreserven an. 1958 hatte sich der Bestand nach Angaben der Deutschen Bundesbank bereits auf 48,7 Mio. Unzen Feingold erhöht.
Goldreserven als Retter in der Not
Bunkert ein Staat Gold, dann in erster Linie, um die eigene Währung zu stützen.
Doch wie soll das funktionieren? In der Bundesrepublik macht Gold fast zwei Drittel der sogenannten Währungsreserven aus, den Rest bilden hauptsächlich Devisen, also Zahlungsmittel in ausländischer Währung. Früher war es umgekehrt, die deutschen Währungsreserven bestanden zu 70% aus Devisen und lediglich zu 30% aus Gold. Währungsreserven sollen einen Staat vor externen Schocks schützen. Das heißt, sollte in einer Notsituation oder Krise die Währung stark schwächeln, könnten die Reserven genutzt werden, um den Wechselkurs wieder geradezurücken. Etwa indem gezielt fremde Währungen an- oder verkauft werden. Eine andere Möglichkeit wäre, das Gold zu verkaufen, also in Euro umzutauschen, um eben jenen gegenüber anderen Währungen zu stärken. Die deutschen Goldreserven liegen also als mehr oder weniger liquide Mittel auf der Seite, um im Notfall den Euro-Kurs aufzufangen.
Könnte man nicht…?
Dass der Bundesbank-Schatz seit seinem Bestehen unangetastet herumliegt, brachte Regierungsvertreter seit jeher auf kühne Ideen. Sowohl die SPD als auch die CDU und die FDP streckten mehrmals ihre Hände nach dem Goldschatz aus und forderten die Freigabe der Mittel. Sei es, um die Ölpreiskrise der 1970er zu überwinden, die Wiedervereinigung Anfang der 90er oder eine Rentenreform zu finanzieren. Und könnte man mit den Goldbarren nicht auch endlich den deutschen Schuldenberg abtragen, wie es unter anderem Beamtenbund-Chef Peter Heesen 2011 während der Euro-Krise vorschlug? 2022 ging ein Autor im Spiegel mit der Bundesregierung hart ins Gericht: „Verkauft den Goldschatz“ forderte er. Statt immer neue Schulden aufzunehmen oder die Steuern zu erhöhen, könne Finanzminister Lindner den Goldschatz „problemlos zu Geld machen“, heißt es in dem Artikel. Das Gold liege ohnehin nur als „ungenutzte Reserve“ auf der Seite und stelle nichts anderes dar als „in Barren gepresste Ersparnisse der Deutschen aus der Vergangenheit.“ 2023 meldete sich der CDU-Politiker Dennis Radtke in der Bild zu Wort: Statt die Rentner zu „schröpfen“, um Bundeswehr, Bahn und Infrastruktur zu erneuern, solle man lieber einen Teil des Bundesbank-Goldes verkaufen. Die Bild ergänzte: „Olaf Scholz sitzt auf den zweitgrößten Goldreserven der Welt“.
Bundesbank muss nicht auf die Regierung hören
Leider, oder besser gesagt: zum Glück sieht die Realität etwas anders aus. Weder der Kanzler noch andere Regierungsvertreter hüten in Rumpelstilzchen-Manier die deutschen Goldreserven. Verwaltet wird das Gold allein von der Bundesbank, die – wie andere nationale Zentralbanken in Europa – unabhängig von der Regierung ist. Damit sind jegliche Zugriffsversuche hoffnungslos, denn auf die Weisungen der Bundesregierung muss die Zentralbank keine Rücksicht nehmen. Das hat gute Gründe: Könnten Politiker eigenmächtig in die Geldpolitik eingreifen, könnten sie die Stabilität der Währung gefährden. Wie ein solches Szenario aussehen kann, demonstrierte Ende 2022 der türkische Präsident Erdoğan. Nachdem sich das Staatsoberhaupt durch gezielten Personalaustausch Einfluss auf die Geschäfte der Zentralbank verschafft hatte, steuerte er die Republik in den geldpolitischen Ruin, die Inflation kletterte zeitweise auf über 85%.
Auf Finanzfluss-Anfrage verweist ein Sprecher der Bundesbank auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) sowie der EZB: „Die Bundesbank hält die nationalen Goldreserven im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags zur Haltung und Verwaltung der offiziellen Währungsreserven Deutschlands nach Artikel 127 Abs. 2, 3. Anstrich AEUV, Artikel 23 der Satzung des ESZB i, V. mit § 3 Bundesbankgesetz. Sie ist bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem AEUV und der Satzung des ESZB unabhängig und empfängt keine Weisungen von Regierungen oder sonstigen Stellen (Art. 130 AEUV, Artikel 7 Satzung).“
Goldverkäufe würden das ganze Eurosystem beeinflussen
Was man außerdem nicht vergessen sollte: Beim Euro handelt es sich um eine Gemeinschaftswährung, die immerhin 20 Staaten als gesetzliches Zahlungsmittel dient. Darauf verwiesen schon 2004 Manfred Weber, damals Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes deutscher Banken und Karl Knappe, Direktor im Geschäftsbereich Volkswirtschaft, EU-Politik und internationale Beziehungen in einem Beitrag für die Zeitschrift „Wirtschaftsdienst“: Die Frage, ob man die deutschen Goldreserven antasten sollte, lasse sich nicht ausschließlich aus deutscher Sicht behandeln, schreiben die Autoren: „Denn die Deutsche Bundesbank ist Teil des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), und eine Veränderung der Währungsreserven in größerem Umfang kann unmittelbare geldpolitische Implikationen für das Eurosystem haben.“
Übrigens scheiterten auch abseits der deutschen Landesgrenzen so einige Versuche, die eigenen Goldreserven anzuzapfen. 2019 zum Beispiel liebäugelte Matteo Salvini, damals stellvertretender Ministerpräsident, mit der Idee, um den italienischen Haushalt aufzubessern – und kassierte von der Banca d'Italia einen Korb.
Gold als Signal für Sicherheit
Doch das Gold der Deutschen ist vielleicht noch mehr als ein potentieller Retter in der Not. Es könnte auch – so glauben zumindest einige – die Glaubwürdigkeit der Zentralbank als staatliche Institution stärken. Der Gedanke dahinter: Wissen Bürgerinnen und Bürger um die hohen Goldreserven, die sie instinktiv mit Solidität und Werthaltigkeit verknüpfen, hegen sie weniger Misstrauen gegenüber der Zentralbank. So spricht auch die Bundesbank selbst auf Anfrage von einer „vertrauens- und stabilitätssichernden Funktion“ nationaler Währungsreserven und dass diese „gerade in Krisen verschiedenster Art“ an Gewicht gewonnen habe.
Wie groß speziell das Vertrauen der deutschen Bevölkerung ins Gold ist, zeigen Auswertungen des Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule in Berlin. Ihr zufolge besaßen die privaten Haushalte im Jahr 2021 zusammen mehr als 9.000 Tonnen Gold – und horteten damit fast dreimal so viel wie der deutsche Staat.
Kommentare (14)
H
Hein - zie
sagt am 08. Oktober 2024
Misstrauisch macht, trotz aller Gegenrede, warum kommt unser deutsches Gold einfach nicht in einen deutschen Tresor, da wo es hingehört. Unser Gold hat nichts in US, o. engl. Tresore zu suchen.
T
Thorben
sagt am 01. Mai 2024
Naja sorry aber wirklich harte, nachweisbare Fakten liefert der Artikel nicht. Wessen Gold dem Reporter gezeigt wurde (wenn überhaupt wirklich) bleibt reinste Vermutung. War es nur ein "Ausstellungsstück" dass sich alle Staaten, die dort Gold lagern zur Beruhigung anschauen? Und ich kann mir auch noch mehr Konsterlationen vorstellen. Niemand außer den Amis weiß es. Auch alle anderen Behauptungen und Berichte könnten frei erfunden sein um uns zu beruhigen. "Staatswohlgefärdend" Man stelle sich mal vor in der Bild stünde "deutsches Gold ist weg" Das Finanzsystem würde schlagartig zusammenbrechen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wären auch andere Länder betroffen. Es gibt einfach zuviel Heimlichtuerei die Misstrauisch macht. So erkenne ich etwa nicht, warum USA und London nicht ihre eigenen Reserven genauso sicher und flexibel auch im Ausland lagern, wie es Deutschland tut. USA in UK oder UK in USA oder Paris.. da ist ja nun Platz im Tresor. Sorry aber das ganze stinkt zum Himmel.
K
KommentarSchriftler
sagt am 20. Februar 2024
Wieso ist spiel Gold noch eine role wenn das Geld nicht mit dem Gold gekoppelt ist?
T
Tobi
sagt am 17. Februar 2024
Interessanter Artikel. Ich finde es gut, dass die aktuell inkompetente Politik und Politiker in allgemeinen keine Zugriff auf die Goldreserven haben, da sonst das Lager bestimmt längst leer wäre.
T
Tobias
sagt am 19. Februar 2024
Ach und die Jahre zuvor (vor der aktuellen Regierung) war dir Politik kompetenter? Es sin in dieser Legislaturperiode einige Dinge angegriffen worden, die schon viel zu lange überfällig waren. Und ja wie man merkt sind Änderungen nicht immer bequem. Lass mich raten: du wählst bei nächster Gelegenheit AfD und meinst die sind kompetent(er)?
C
ChristianBecker
sagt am 16. Februar 2024
Super Artikel! Super Artikel! Super Artikel! Super Artikel! Super Artikel! Super Artikel!
R
Rudolf Mooshammer
sagt am 16. Februar 2024
Ich dachte immer dass Türkei & Russland die größten Reserven in Gold halten ?
T
Tom
sagt am 16. Februar 2024
Tatsächlich ist es so, daß 200 Milliarden nichts sind. Der Staat verschleudert ja mal so eben 100 Milliarden Sondervermögen in der Ukraine und die nächsten 100 werden schon verlangt. Wer glaubt das Gold in den Besatzerländern wie USA, England usw sei wieder in Deutschland irrt sich. Ein Großteil ist immner noch dort. Die USA werden einen Goldverkauf verhindern, denn die kontrollieren den Goldpreis gegen den US-Doller. Ein Verkauf würde diesem schaden. Die EU-Verwaltung verschlingt jährlich 1000 Milliarden, wovon Deutschland einen Großteil zahlt. Dafür dürfen wir uns dann neue Glühbirnen und Staubsauger kaufen und neuerding werden wir auch noch in einen Krieg verwickelt, für den wir mit Blut statt Gold bezahlen dürfen!
E
Erdnuss!
sagt am 16. Februar 2024
Was war das Thema? Ach ja, "Der Goldschatz der Deutschen – und warum er sich nicht heben lässt" Eine faktenfreie Aufzählung, ohne Sinn und Verstand von Tom. Ein Beispiel "Die EU-Verwaltung verschlingt jährlich 1000 Milliarden..." https://www.consilium.europa.eu/de/general-secretariat/staff-budget/ Auszug "Der EU-Haushalt 2023 sieht 186,6 Mrd. € an Mitteln für Verpflichtungen und 168,6 Mrd. € an Mitteln für Zahlungen vor." Übrigens es handelt sich um den Haushalt und nicht um die Verwaltungskosten der EU, aber hauptsache Lügen verbreiten. Schöne Grüße an Herrn Krah
M
Mark
sagt am 16. Februar 2024
Das ist ja eine Behauptung aus der Ecke von Verschwörungstheorien :) wenn ich von Besatzungsmächte höre, dann schau dir den Vergleich mit der Besatzungsmacht Russland. Der Unterschied zwischen DDR und BRD war ja gewaltig. Und wie soll der Goldverkauf dem US-Dollar schaden kann ich auch nicht nachvollziehen.
R
Ralf
sagt am 16. Februar 2024
Ich hoffe, Du hast bei Deinen Finanzen einen besseren Überblick!
T
Tom (ein anderer)
sagt am 16. Februar 2024
Guter Kommentar. Für Falschinformationen ist hier kein Platz :D
C
Christoph
sagt am 18. Februar 2024
1. Die 100 Milliarden Sondervermögen gehen in die Bundeswehr, damit wir uns wieder verteidigen können - davon geht kein Euro in die Ukraine! 2. Das Geld, was aus dem Haushalt in die Ukraine geht oder in Form von Militärtechnik dient a) zum Wiederaufbau und für den Staatshaushalt der Ukraine, damit es nicht zum "Failed State" wird und b) der Wehrfähigkeit (nicht nur) der Ukrainer gegen einen Aggressor, der auch uns und die EU insgesamt "ins Visier genommen" hat! Damit dient das Geld unserem eigenen Schutz!
L
Leser
sagt am 19. Februar 2024
Gute Antwort an Tom. Manchmal wünscht man sich, alle relevanten Fakten zu einem bestimmten Thema sofort zur Hand zu haben.
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