
„Epochenverändernde Einschnitte“: Jörg Rocholl zur aktuellen Krise
Finanzfluss: Das Wort historisch wird relativ inflationär benutzt. Wie historisch schätzen Sie die aktuellen wirtschaftspolitischen Ereignisse tatsächlich ein?
Jörg Rocholl: Meine Einschätzung ist, dass das in der Tat epochenverändernde Einschnitte sind, die wir gerade erleben. Das beginnt bei der Frage dieser weltweiten Zölle, die die USA jetzt versuchen, mit einzelnen Handelspartnern durchzusetzen. Das geht weiter mit der Frage der Unabhängigkeit der amerikanischen Zentralbank. Denn das sind Grundlagen, auf denen die internationale Wirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte basiert hat und von denen man auch klar sagen kann, dass sie dem weltwirtschaftlichen Wachstum sehr gutgetan haben.
Man muss natürlich immer eine Sache betrachten: Und zwar, inwiefern diese Dinge, die gerade von der amerikanischen Regierung angeschoben werden, am Ende bestehen bleiben. Wie offen das ist, hat sich jetzt zum Beispiel bei den Zöllen gegen Mexiko, Kanada und Europa gezeigt. Als es darum ging, ob die bestehen bleiben oder ob es doch wieder Nachverhandlungen gibt. Aber allein, dass wir diese Zölle jetzt haben und die Unabhängigkeit der amerikanischen Zentralbank infrage gestellt wird. Das geht weit über das hinaus, was wir normalerweise an wirtschaftspolitischen Entscheidungen und Diskussionen sehen.
Lassen Sie uns nochmal einen kurzen Schritt zurückgehen, auch für diejenigen, die mit der Nachrichtenflut etwas überfordert sind. Was ist überhaupt passiert und gab es einen Auslöser oder spielen mehrere Faktoren eine Rolle?
Es ist zunächst eine Situation, die von maximaler Unsicherheit geprägt ist. Es gab wenige vergleichbare Situationen in den vergangenen Jahren. Das sehen wir daran, dass die Aktienkurse an einigen Tagen mehrere Prozente nach oben gehen, an anderen Tagen wieder mehrere Prozente nach unten. Und dass die Kurse auch im Verlauf eines Tages durch Gerüchte oder vielleicht sogar vermeintlich gestreute Informationen stark beeinträchtigt werden. Die Unsicherheit allein ist der große Faktor, an dem sich im Moment alle orientieren. Gleichzeitig hoffen alle darauf, dass auf diese Unsicherheit bald wieder mehr Verlässlichkeit folgt.
Aber wenn man jetzt sehr konkret darauf eingehen will, was die Aspekte sind, die diese Unsicherheit befeuert haben, dann sind das ganz sicherlich die Zölle. Diese Zölle gab es in der Diskussion auch schon 2018, während der ersten Trump-Präsidentschaft. Damals war auch die Frage, wie geht das weiter? Man hat damals Verhandlungslösungen gefunden. Und deshalb gab es bis zumindest Anfang April immer noch die Hoffnung, dass es dieses Mal so ähnlich laufen würde wie vor sechs Jahren. Die Hoffnung war da, dass man wieder Verhandlungslösungen findet. Aber die Maßnahmen, die der amerikanische Präsident eingeführt hat, gehen jetzt weit über das hinaus, was erwartet wurde. Das hat auch diejenigen, die mit einem gesunden Optimismus oder Realismus an die Sache gegangen sind, auf dem falschen Fuß erwischt. Für mich war das der Punkt, an dem sich diese gesamte Unsicherheit ins Maximale gesteigert hat.
Sehen Sie denn da eine Strategie der USA oder ist das reine Willkür und Machtdemonstration?
Es fällt sehr schwer, daraus eine Strategie abzuleiten. Einerseits gab es dieses Hin und Her, beispielsweise bei den Zöllen gegen Mexiko und Kanada. Andererseits auch eine ganz klare Vermengung mit politischen Zielen. Als beispielsweise Kolumbien nicht willens war, Geflüchtete aus den USA wieder aufzunehmen, wurde diese „Zollkeule“ gezückt. Am Anfang der Diskussion um die Zölle war auch die Frage, ob sie als Antwort auf die Opioid-Krise zu sehen sind. Also, dass vermeintlicher Drogenschmuggel aus Mexiko damit bekämpft werden sollte. Wir können zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls feststellen, dass es bei den Zöllen nicht ausschließlich um wirtschaftliche Ziele geht. Sowohl in den offiziellen Begründungen als auch implizit schwingen immer politische Intentionen mit.
Was bedeutet das für Privatpersonen? Wie lange müssen wir mit dieser Unsicherheit umgehen? Oder ist das jetzt das „Neue Normal“, weil sich die Weltordnung gerade verändert?
Das ist genau die entscheidende Frage. Ich erwarte eine anhaltende Periode hoher Unsicherheit. Denn selbst dieses Aufschieben der Zölle um 90 Tage heißt nicht, dass eine Lösung gefunden ist. Es kommt ein weiteres großes Thema hinzu, das über allem schwebt: Der Konflikt zwischen den USA und China ist auf maximale Kollisionen ausgelegt. China hat bisher noch nicht so reagiert, wie Trump es erwartet hat. Es wurde bisher nicht dieser Anruf getätigt, über den so viel gesprochen wird. Das heißt, dass diese Unsicherheit länger bestehen bleiben wird und im Moment noch kein richtiges Ende in Sicht ist. In so einer Situation können selbst kleine Zugeständnisse und kleine Nachrichten eine maximale Auswirkung haben. Sie werden dann viel stärker beachtet, als das sonst der Fall wäre. Deshalb befeuert auch dieses Hin und Her die Unsicherheit immer weiter.
Gehen wir mal davon aus, dass diese Deglobalisierungstendenzen und die Abschottung gegenüber anderen Handelspartnern sich erst mal fortsetzen. Was sind die langfristigen Auswirkungen für den Finanz- und den Kapitalmarkt?
Das hat massive Auswirkungen. Man sieht es jetzt schon daran, dass ernsthaft die Frage gestellt wird, ob der US-Dollar weiterhin die Leitwährung bleibt. Ich habe bisher noch nie erlebt, dass diese Frage ernsthaft erörtert wurde. Und das hat wiederum große Auswirkungen darauf, ob und wie die Amerikaner ihr staatliches Defizit finanzieren. Der Hintergrund ist, dass hier große Ankäufe aus China, aus Japan, auch aus anderen Ländern der Welt stattfinden. Nur deshalb ist es für die USA möglich, dieses staatliche Defizit zu fahren. Wenn man jetzt diese Kehrtwende von Trump vor zwei Wochen sieht, dann ist recht offensichtlich, dass der mögliche Käuferstreik bei den Anleihemärkten, gerade bei Staatsanleihen, dafür der entscheidende Punkt war. Da hat man in den USA wohl festgestellt, dass die Auktionen von Staatsanleihen ohne chinesische und japanische Käufer gar nicht mehr hätten gefüllt werden können. Und es gibt derzeit auch Gerüchte, dass amerikanische Anleger gefragt wurden, ob sie stattdessen verstärkt amerikanische Staatsanleihen kaufen können. Die Antwort war: möglicherweise einmal, aber nicht in dem Umfang, der nötig wäre, um das gesamte Defizit der USA zu finanzieren. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Die Frage nach dem US-Dollar als Leitwährung und damit die Frage nach amerikanischen Staatsanleihen als sicherer Hafen. In den vergangenen Tagen konnten wir feststellen, dass die deutschen Staatsanleihen in ihren Renditen deutlich gefallen sind. Anscheinend haben also deutsche Staatsanleihen diese Funktion des „sicheren Hafens“ in gewisser Hinsicht von den Amerikanern übernommen. Der Goldkurs ist auch gestiegen, was ebenfalls in die Richtung deutet, dass Menschen sich anderweitig umschauen.
Und dann hat das natürlich weitreichende andere Auswirkungen. Wie offen sind Unternehmen für Investitionen in den USA, wenn sie merken, dass diese Investitionen unter hoher politischer Unsicherheit stattfinden? Einige Unternehmen haben ihre Investitionen schon zurückgefahren und die erforderlichen Kapitalkosten in den USA deutlich erhöht. Die Auswirkungen sind also wirklich mannigfaltig. Als Ökonom ist es immer wieder interessant zu sehen, wie interdependent die Weltwirtschaft ist. Wie einzelne Faktoren wiederum andere beeinflussen und Auswirkungen haben, mit denen man am Anfang gar nicht unbedingt gerechnet hatte.
Sie haben eben das Thema Währung angesprochen. Ist denn der Euro eine Alternative zum Dollar und wäre das nicht ein riesiger Umbruch, wenn sich dieser Standard ändern würde?
Ja, absolut. Und es ist so, dass der Euro in den letzten Wochen deutlich an Wert zugelegt hat. Gerade, nachdem diese Unsicherheit über die Unabhängigkeit der amerikanischen Zentralbank aufkam. Diese Aspekte müssen wir weiter im Auge behalten: Wie gehen die Amerikaner mit der Unabhängigkeit der Zentralbank um und wie werden sie sicherstellen, dass ihr staatliches Defizit weiterhin finanziert werden kann? Andersherum betrachtet ist die aktuelle Situation auch eine Chance für Europa. Zwar ist es schwer möglich, sich von diesen Turbulenzen zu isolieren, aber Europa kann das als Anschub nutzen, um Dinge anzugehen, bei denen es bisher eher schleppend voranging. Ein Beispiel dafür wäre die europäische Kapitalmarktunion, das heißt übergreifende Finanz- und Kapitalflüsse zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten der EU. Jetzt ist genau der Zeitpunkt, zu dem man handeln sollte.
Glauben Sie daran, dass das passieren wird?
Bisher wurden in Europa viele Initiativen auf nationalstaatlicher Ebene besprochen, aber dann nicht auf europäischer Ebene umgesetzt. Zum einen hat Europa sich sehr schwer damit getan, Handelsabkommen mit anderen Teilen der Welt zu verabschieden. Ich denke da an Kanada, aber auch an Mercosur. Und gerade die jetzige Situation sollte nochmal Anreiz geben, auch mit anderen Teilen der Welt diese Handelsabkommen schnell und einheitlich voranzubringen. Sei es mit Mexiko, mit Indien oder auch mit anderen Ländern.
Der andere Aspekt ist, dass das Kapital in Europa besser genutzt werden muss. Gerade Deutschland hat kein Kapitalproblem, sondern nur ein Kapitalallokationsproblem. Ein großer Teil des Ersparten landet hier auf Sparbüchern, Sichteinlagen und Ähnlichem. Gleichzeitig haben wir viele hochinnovative Start-ups, die dieses Kapital dringend benötigen. Ein besseres Matching dieses Kapitals wäre sowohl für das Wachstum der Unternehmen und damit auch der Volkswirtschaft als auch für die Renditen der Anlegerinnen und Anleger wichtig. Aus dieser aktuellen Notwendigkeit kann sich aus meiner Sicht ein entscheidender Impuls für die europäische Politik ergeben, kraftvoll voranzuschreiten.
Haben Sie denn auch eine Empfehlung für Privatanlegerinnen und Privatanleger, was das eigene Verhalten angeht? Sollte man sein Anlageverhalten verändern?
Ich tue mich immer schwer mit Kauf- oder Verkaufsempfehlungen, insbesondere wenn man effiziente Märkte voraussetzt. Ich würde mir jetzt nicht anmaßen, mehr zu wissen als die Märkte selbst. Andererseits sieht man zurzeit ganz interessante Muster. Etwa die Tatsache, dass Warren Buffett aktuell einen so hohen Liquiditätsbestand hat wie noch nie. Solche Situationen, die von hoher Unsicherheit und auch von Rückschlägen geprägt sind, nutzen professionelle Anleger, um gerade dann zuzuschlagen. Dafür benötigt man natürlich eine sehr intensive Kenntnis der Märkte, um nicht am Ende auf dem falschen Fuß erwischt zu werden. Und genau deshalb bin ich immer sehr vorsichtig, Anregungen zu geben. Andersherum ist es wichtig, sich die Wachstumsmodelle der einzelnen Unternehmen anzuschauen. Und auch darauf zu achten, in welcher Form sie von der gegenwärtigen Krise beeinträchtigt werden. Das sollte bei Einzelinvestitionen unbedingt miteinbezogen werden.
Apropos deutsche Wirtschaft, der Status quo war schon vor den Zöllen nicht besonders rosig. Wie optimistisch oder pessimistisch schätzen Sie die Stimmung hierzulande im Moment ein?
Wir haben in Deutschland zwei Jahre wirtschaftlicher Schrumpfung hinter uns. Das war zuletzt vor mehr als 20 Jahren der Fall. Für dieses Jahr sind die Wachstumsprognosen noch leicht positiv. Allerdings gibt es schon die Sorge, dass sogar ein drittes Jahr der wirtschaftlichen Schrumpfung hinterherkommt. Das gab es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Umso wichtiger ist es jetzt, dass die neue Regierung schnell ins Handeln kommt. Die Phase der politischen Unsicherheit in Deutschland muss schnell vorübergehen, damit auch die europäische Handlungsfähigkeit wieder gestärkt wird. Denn es ist völlig klar, dass Deutschland auf dieser Ebene sehr stark beachtet wird – dass sich die Augen in Europa auf Deutschland richten.
Letztlich gibt es in Bezug auf Deutschland zwei Hauptpunkte: Zum einen die Handelseinschränkungen und Unsicherheiten, die die deutsche Wirtschaft ganz klar bremsen, weil unser System eigentlich sehr international, arbeitsteilig und offen aufgestellt ist. Und auf der anderen Seite die Hoffnung, dass jetzt mit einer neuen handlungsfähigen Regierung auch Chancen, die sich aus dieser Situation ergeben, besser genutzt werden können.
Welche Branchen sehen Sie denn besonders betroffen von den Zöllen?
Wenn man die Reaktionen der Aktienmärkte auf die ersten Zollankündigungen sieht, dann war die Automobilindustrie inklusive Zulieferer die größte Leidtragende. Dort zeigt sich besonders stark, wie integriert die gesamten Lieferkettenprozesse sind und wie essenziell es ist, grenzüberschreitend zu produzieren. Durch diese Vernetzung ergeben sich natürlich auch Vorteile für Konsumentinnen und Konsumenten in den USA. In Mexiko lässt es sich nun mal preisgünstiger produzieren als im eigenen Land. Neben der Automobilindustrie waren viele auch überrascht davon, wie global die Pharmaindustrie aufgestellt ist. Gerade in diesem Bereich, aber auch bei anderen Hightech-Firmen hat sich allerdings direkt gezeigt, dass die Amerikaner sich mit diesen Maßnahmen ins eigene Fleisch schneiden. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Situation bei Apple. Das ursprüngliche Vorpreschen gegenüber China war dazu geeignet, Apple wirklich massiv in Probleme zu bringen. Dann wurde gegengesteuert. Also das heißt, diese Exportabhängigkeit und Offenheit der Industrie in den USA ist von zentraler Bedeutung. Gerade wenn Produkte so essenziell sind, dass auch die Amerikaner nicht darauf verzichten können, könnte die Regierung umsteuern. Auch mit Blick auf die Automobilindustrie hat sie schon zugestanden, dass es doch viel längere Zeit benötigt, die Lieferketten anzupassen und umzugestalten – wenn man das denn tatsächlich will. Ich halte es nicht für richtig.
Dass auch die Industrie in den USA global vernetzt ist, kann eigentlich niemanden überraschen. Von den Zöllen sind gerade alle Länder negativ getroffen. Gibt es bei so einer Handelsauseinandersetzung überhaupt Gewinner?
Nein, eindeutig nein. Die Frage ist letztlich nur, wer geringerer Verlierer sein wird. Das mag vielleicht ein wenig das Kalkül der USA gewesen sein: Dass man selbst Verluste erleidet, aber China noch größere Verluste beifügen kann. Jetzt hat China allerdings einen sehr starken Hebel in der Hand, was die Finanzierung der amerikanischen Staatsschulden betrifft. Diesen Hebel hat China auch deutlich gezeigt. Weiter würden sie das vielleicht nicht ausreizen, weil damit auch die bestehenden Bestände, die Chinesen in amerikanischen Staatsanleihen halten, an Wert verlieren würden. Aber das Signal allein reicht wahrscheinlich schon.
Das zweite Kalkül, aufseiten der USA, ist eben die Durchsetzung anderer politischer Ziele – wie vorhin angesprochen. Darüber hinaus würde ich aber auch nicht ausschließen, dass Fehlkalkulation der US-Regierung eine Rolle spielen. Es ist denkbar, dass sie sich zu sehr auf das Ziel einer stärkeren Produktion in den USA konzentriert hat. Dabei ist die Bedeutung der Inflation und die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Unternehmen in den USA, die selbst auf Importe und Exporte angewiesen sind, vernachlässigt worden. Denn wenn die Teile, die US-Unternehmen aus dem Ausland zukaufen, immer teurer werden, der Arbeitsmarkt immer enger wird und damit auch die Löhne immer weiter steigen, dann verschlechtert das die Wettbewerbsfähigkeit für exportorientierte amerikanische Unternehmen. Deshalb würde ich eine Fehlkalkulation oder eine Fehlerwartung der US-Regierung bezüglich der Effekte nicht ganz ausschließen.
Wir haben vorhin schon ganz kurz die Auseinandersetzung zwischen Trump und Jerome Powell, dem Chef der amerikanischen Notenbank, angesprochen. Was würde das bedeuten, wenn es tatsächlich zu einer Entlassung kommt? Und wie realistisch ist das?
Durch Trumps Äußerungen am Wochenende ist das deutlich realistischer geworden. Dass der Chef der Zentralbank quasi öffentlich vom Präsidenten beschimpft wird, ist etwas, das man in hochentwickelten Volkswirtschaften nicht so häufig mitbekommt. Denn, und das zeigt sich auch wissenschaftlich sehr klar, die Unabhängigkeit der Zentralbank ist der Garant schlechthin für solide Preisentwicklung, also für das Bekämpfen der Inflation. In dem Augenblick, in dem diese Unabhängigkeit der Zentralbank auch nur leicht infrage gestellt wird, kommt genau das ins Rollen, was wir jetzt beobachten. Gerade in der bedeutendsten Volkswirtschaft der Welt, einem Land, das sehr stark von Finanz- und Kapitalmärkten getrieben ist und von diesen enormen profitiert, sorgt der leiseste Zweifel für einen Anstieg der Inflationserwartungen. Und auch dafür, dass die Währung als weniger hart angesehen wird. Deshalb ist es grundsätzlich so, dass die Politik sich sehr zurückhalten sollte bei der Bewertung von Zentralbanken. Das hat man auch schon in Deutschland gesehen: Wann immer es Äußerungen in dieser Richtung aus der Politik gab, haben Gegenbewegungen in der Bevölkerung das sehr schnell zum Schweigen gebracht.
Gegenbewegungen in welcher Form?
Es gab in Deutschland, aber auch in anderen Ländern immer wieder die Frage nach Zinssenkung oder ob man Goldbestände verkaufen soll. Und die Reaktionen an den Märkten, aber auch das Verhalten der Bevölkerung hat gezeigt, dass man mit diesen Forderungen in der Politik keinen Blumentopf gewinnen kann. Zu Recht, weil die Unabhängigkeit der Zentralbanken ein ganz hohes Gut ist und diese Unabhängigkeit überhaupt erst die Grundlage des Wirtschaftens bildet. Nur so kann sichergestellt werden, dass Preissignale korrekt sind und wirtschaftliches Handeln in Bezug auf Angebot und Nachfrage, auf Konsum und Investieren überhaupt funktionieren kann.
Stichwort Preissignale: Durch die Zölle wird es für Unternehmen teurer zu produzieren. Überträgt sich das in nächster Zeit auch auf uns Konsumenten?
Es gibt auch hier verschiedene Faktoren, die eine Rolle spielen können. Zum einen ist es natürlich so, dass Gegenzölle ausgehend von Europa Auswirkungen auf importierte US-Produkte haben können. Andersherum kann es sein, dass China Europa als alternativen Absatzmarkt nutzt, wenn sich die Tür in die USA für chinesische Produzenten immer weiter schließt. Dann würde das Angebot in Europa steigen und der Preiskampf eher zunehmen. Auch hier gibt es also eine ganze Reihe interessanter, aber schwer abzuschätzender Interdependenzen. Es wird spannend, das weiter zu betrachten und zu sehen, welche Effekte am Ende dominieren.
Dieses Interview ist eine überarbeitete Version des Podcast-Transkripts. Formulierungen können sich vom originalen O-Ton unterscheiden, inhaltliche Änderungen wurden nicht vorgenommen.
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