Porsche-IPO: Mit Vollgas an die Börse
Energiesorgen und beklemmende Wirtschaftsprognosen drücken seit Monaten auf die Marktstimmung – und damit auf die Kurse. Ausgerechnet jetzt bringt der Autobauer Volkswagen seine Sportwagenmarke Porsche an die Börse. Seit diesem Dienstag können Investoren die ersten Aktien der Porsche AG vorab zeichnen, ab dem 29. September 2022 soll die Aktie dann offiziell an der Frankfurter Börse gelistet sein. Läuft alles nach Plan, könnte der IPO (Initial Public Offering) dem Volkswagen-Konzern zwischen 8,7 und 9,4 Mrd. Euro einbringen. Es wäre einer der größten Börsengänge Deutschlands und für den Autobauer aus Wolfsburg ein lohnenswertes Geschäft. Doch sollten sich Investorinnen und Investoren deswegen nun die neue Porsche-Aktie ins Depot holen oder gar vor Börsenstart Aktien zeichnen? Wie funktioniert das überhaupt und warum können sich Inhaber einer VW-Aktie jetzt auf Sondergewinne freuen?
VW interessieren vor allem die Emissionserlöse
Ein Börsengang ist aufwendig und verschlingt viel Geld, kann andersherum aber auch einiges an Gewinnen in die Unternehmenskasse spülen. Schließlich gibt ein Unternehmen beim Börsengang Anteile ab und erhält für diese frisches Kapital, sogenannte Emissionserlöse. Diese Emissionserlöse sind es auch, die Volkswagen zu dem IPO der Sportwagen-Tochter bewegt haben. Der Automobilkonzern möchte das Geld nach eigenen Angaben in erster Linie nutzen, um das eigene Geschäft auszubauen, allen voran die Sparten Elektromobilität und Digitales. Doch ein solcher Börsengang hat seinen Preis – und bedeutet ein hohes Risiko.
Der Weg an die Börse: Vorbereitung ist alles
Der Porsche-IPO war keine Kurzschluss-Idee, derartige Überlegungen hat es schon vor Jahren gegeben. Anfang 2022 wurde es schließlich konkret und Porsche und VW leiteten die ersten Vorbereitungen für einen möglichen Börsengang ein. Und diese Vorbereitungen haben es in sich. Denn um tatsächlich an der Börse gelistet zu werden, muss sich eine Firma vollständig transparent gegenüber Aufsichtsbehörden, Analysten und Investoren machen und dabei etliche Informationspflichten erfüllen.
Dazu gehört etwa, gemeinsam mit Kooperationspartnern wie Banken und Wirtschaftsprüfern verschiedene Dokumente für die potenziellen Investoren zusammenzustellen. Etwa den „Research Report“, in dem das Marktpotenzial des Unternehmens beschrieben werden soll, oder die „Equity Story“, in der die bisherige Erfolgsgeschichte der Firma nachgebildet wird. Jegliche Unternehmensdaten sowie die Bedingungen, zu denen Investoren die Anteile erwerben können, werden im Wertpapierprospekt niedergeschrieben. So dauern allein die Vorbereitungen eines Börsengangs in der Regel mehrere Monate und kosten dazu eine Stange Geld. Ein nicht kleiner Teil der Emissionserlöse geht beispielsweise als Provision an die begleitenden Investmentbanken.
Zumindest die Umwandlung der Rechtsform, ein ebenfalls wichtiger Schritt auf dem Weg zum IPO, konnte sich Porsche sparen, denn der Autobauer ist bereits seit 1972 als Aktiengesellschaft strukturiert. Nicht erspart blieb den Konzernen, den IPO öffentlichkeitswirksam zu bewerben und mit einer vierwöchigen Roadshow um die Gunst potenzieller Investoren zu werben. Dazu braucht es Veranstaltungen, Präsentationen und Werbekampagnen. Aufmerksamkeit schaffen sollte wohl auch die Anzahl der Aktien, die der Konzern ausgeben will und mit haargenau 911 Mio. beziffert hat. Eine Anspielung auf den Porsche 911, jenen Autoklassiker aus den 1960er-Jahren, den viele als Archetyp der schnittigen Sportwagen verstehen. Jedoch sind längst nicht alle dieser 911 Mio. Aktien für externe Investoren handelbar.
„Nur“ 114 Mio. Aktien handelbar
Das Grundkapital der Porsche AG wurde für den IPO jeweils zur Hälfte in Stammaktien und Vorzugsaktien aufgeteilt. Während Stammaktien mit Stimmrechten ausgestattet sind, ihre Inhaber also theoretisch auf der Hauptversammlung mitreden können, beinhalten Vorzugsaktien dieses Recht nicht. Dafür erhalten Besitzer von Vorzugsaktien eine Garantie auf Dividendenzahlungen, sollen also dahin gehend „bevorzugt“ behandelt werden. Externe Investoren, die nun Aktien zeichnen oder ab September über die Börse handeln dürfen, können aber längst nicht alle dieser Aktien handeln.
Investoren ohne Mitspracherechte
Am Ende sind es „lediglich“ 114 Mio. und damit ein Achtel der 911 Mio. Aktien, die private und institutionelle Anleger erwerben können. Der Rest wird, wenn man so will, im Dunstkreis des Volkswagen-Konzerns verteilt – und damit auf das doch recht komplizierte Firmengeflecht hinter dem Automobilriesen.
Porsche SE erhält Stammaktien
Bei Volkswagen, dem bislang einzigen Eigentümer der Porsche AG, verbleiben 75% der Anteile und damit zu gleichen Teilen Stammaktien und Vorzugsaktien. Von diesen Vorzugsaktien werden künftig 25% an der Börse handelbar sein – bezogen auf das Grundkapital also gerade mal 12,5% und damit besagte 114 Mio. Aktien.
Ein Viertel der Stammaktien dagegen verkauft VW an die Porsche SE – die Holdinggesellschaft der Familien Piech und Porsche, die gleichzeitig größte Aktionärin des Volkswagen-Konzerns ist. Diese 25% der Stimmrechtsaktien reichen gerade aus, damit sich die Porsche SE oder die Unternehmensfamilien auf Aktionärsversammlungen das letzte Wort sichern und damit etwa Beschlüsse oder Satzungsänderungen verhindern können. Man spricht dabei auch von einer Sperrminorität.
18€ Dividende für VW-Aktionäre
Für Volkswagen als Mutterkonzern bedeutet der Börsengang von Porsche also ein gutes Geschäft. Der Autobauer aus Wolfsburg nimmt einerseits Geld durch die Ausgabe der Aktien über die Börse ein und andererseits über den teilweisen Verkauf der Stammaktien an die Porsche SE Holdinggesellschaft. An diesen Erlösen will VW nach aktuellem Stand allerdings auch die Volkswagen-Aktionäre teilhaben lassen.
Der Konzern plant, ganze 49% der IPO-Erlöse gegen Ende des Jahres an seine Anleger auszuschütten, und das in Form einer Sonderdividende in Höhe von 18€ pro Aktie. Zuletzt lag die ausgeschüttete Dividende je VW-Vorzugsaktie bei knapp 7,50€. Solche Aussichten auf Sondergewinne können letzten Endes auch den Kurs einer Aktie befeuern. Möglicherweise sind sie ein Mitgrund dafür, dass der Preis einer VW-Vorzugsaktie seit dem Tief im Juli von 120€ bis heute auf 148€ gestiegen ist.
Aktien zeichnen: So geht’s am Beispiel von Porsche
Wer sich lieber an der Porsche AG beteiligen möchte, hat schon vor Börsenstart die Möglichkeit, sich Aktien zu sichern. Das Ganze nennt sich „zeichnen“. Die Frist dafür endet einen Tag vor dem Börsenstart. Doch wie funktioniert das Zeichnen genau?
Schritt 1: Bank auswählen bzw. Depot eröffnen
Das Zeichnen von Aktien funktioniert nur außerhalb der Börse, da die Anteile ja bisher noch an keinem Handelsplatz gelistet sind. Anlegerinnen und Anleger müssen sich also innerhalb der Zeichnungsfrist (20.-28.9.) an eine Bank wenden, um dieser einen sogenannten Zeichnungsauftrag zu erteilen. Nach Informationen von Porsche sollen insgesamt elf deutsche Institute erklärt haben, Aufträge von Privatpersonen anzunehmen:
- Baden-Württembergische (BW) Bank
- Comdirect
- Commerzbank
- Consorsbank
- DAB BNP Paribas S.A.
- Deutsche Bank
- Deutsche Sparkassen/ S-Finanzgruppe e.V.
- Landesbank Baden-Württemberg
- maxblue
- S Broker AG & Co. KG
- UniCredit Bank AG
Wer noch kein Depot bei einer dieser Banken besitzt, müsste – um den Auftrag zu erteilen – ein solches eröffnen. Falls du erst einmal generell die besten Depots miteinander vergleichen möchtest, kannst du das mithilfe unseres Depot-Vergleichs tun.
Schritt 2: Aktie im Depot auswählen
Porsche weist in den Anlegerinformationen auf der Website explizit darauf hin, die „richtige“ Aktie im Depot auszuwählen und nicht versehentlich die bereits an der Börse gelistete Aktie der Holdinggesellschaft Porsche SE (ISIN: DE000PAH0038). Die ISIN der Porsche AG-Aktie lautet DE000PAG9113 und trägt den Namen „Dr. Ing. h.c. F. Porsche Aktiengesellschaft“.
Schritt 3: Anzahl und Preis festlegen
Im nächsten Schritt muss der Investor oder die Investorin angeben, wie viele Papiere gezeichnet werden sollen und zu welchem Preis. Denn die Zeichnungsfrist ist auch dazu da, den genauen Ausgabepreis der Aktien bei Börsenstart zu bestimmen. Porsche hat dazu Anfang der Woche eine Preisspanne vorgegeben, in der sich der „Wunschpreis“ des Investors bewegen muss. 76,50€ müssen es mindestens und 82,50€ dürfen es maximal sein. Die Spanne hat die Aktiengesellschaft im Voraus gemeinsam mit verschiedenen großen Investoren festgelegt. Je nachdem, bei welchem Preis sich die meisten Investoren finden, wird am Ende der Ausgabepreis festgelegt. Investoren, die nun vor dem offiziellen IPO am 29.9. Porsche-Aktien zeichnen, bestimmen den Preis also gewissermaßen mit, das Verfahren nennt sich „Bookbuilding“. Was die Anzahl der Aktien betrifft, gibt es keine Beschränkungen oder Mindestanforderungen.
Einige Investoren werden leer ausgehen
Erst am 28.9. wird also klar sein, zu welchem Emissionspreis die Porsche AG-Aktien ausgegeben werden. Und je nachdem, wie hoch dieser Preis ausfallen wird, werden einige Investoren dabei leer ausgehen. Seine gewünschten Aktien bekommt am Ende nämlich nur, wer mindestens zu dem letztendlichen Emissionspreis Papiere gezeichnet hat. Anleger mit niedrigeren „Wunschpreisen“ bekommen dagegen keine Aktien zugeteilt.
Aktien kaufen vor dem IPO: nicht immer eine gute Idee
Bei all dem Medienrummel um den Porsche-Börsengang scheint es naheliegend, sich schon vor vielen anderen Aktien zu sichern und auf einen steigenden Kurs nach Börsenstart zu wetten. Zumal sich schon einige erfolgreiche Großaktionäre auf die Anteile gestürzt haben. So soll sich nach Medienberichten etwa das Emirat Katar fünf Prozent der verfügbaren Anteile gesichert haben. Auch der norwegische Staatsfonds sowie der Staatsfonds von Abu Dhabi sollen Interessen angemeldet haben, ihr Anteil beläuft sich zusammen auf ebenfalls 5% der verfügbaren Aktien.
Sollten private Anleger es den Großen also gleich tun und ebenfalls Anteile erwerben? Darauf gibt es – wie immer – keine pauschale Antwort. Ebenso wenig wie bei jeder anderen Aktie lässt sich nur spekulieren, wie sich die Porsche AG nach ihrem Debüt an der Börse schlagen wird. Selbst wenn der Sportwagenhersteller mit seinen Luxusautos als relativ konjunkturresistent gilt und seinen Umsatz zuletzt sogar steigern konnte, bleibt die Zukunft ungewiss. Neben Quartalszahlen und der aktuellen Investorennachfrage beeinflusst stets auch die allgemeine Marktstimmung die Kursentwicklung, außerdem kann eine Vielzahl unternehmensspezifischer Ereignisse auf den Kurs schlagen.
Mister-Spex-Aktie nach Börsenstart um 86% eingebrochen
In welche Richtung sich der Kurs der Porsche-AG ab dem 29.9. bewegen wird, bleibt also abzuwarten. Möglich ist prinzipiell alles. Der Start könnte gut laufen und der Kurs innerhalb der ersten Tage, Wochen oder Monate nach oben klettern. Wer beispielsweise 2018 beim Börsendebüt von Knorr-Bremse dabei war, konnte binnen weniger Monate knapp 24% Rendite durch Kurssteigerungen machen. Grund zur Freude hatten auch viele Hello Fresh-Aktionäre, die seit dem Börsendebüt im November 2017 dabei waren. Bis August 2021 hat der Kurs eine Steigerung von mehr als 800% hingelegt (von 10,25€ auf 95,80€). Für immer anhalten sollte die Erfolgssträhne jedoch nicht, inzwischen kostet die Aktie knapp 24€.
Der Kurs könnte sich aber auch direkt abwärts bewegen, wie 2018 nach dem Börsendebüt des Frankfurter Fintechs Creditshelf. Zwischen dem IPO im Juli und dem Januar des Folgejahres verlor die Aktie um knapp 30% an Wert. Eine Seltenheit ist ein solches Szenario nicht. 2021 beispielsweise haben gleich mehrere Börsenneulinge kurz nach dem Start deutliche Verluste an der Börse verzeichnet. Für die Aktie des Online-Gebrauchtwagenportals Auto1 beispielsweise ging es nach dem Börsendebüt im Februar 2021 bis heute um ganze 83% bergab, die Aktie des Optikers Mister Spex hat seit Juli 2021 86% ihres Werts eingebüßt. Manchmal ist der erste Rückschlag nach dem IPO aber auch nur eine Phase: Der Möbel-Versandhändler Home24 ist im Sommer 2018 mit einem Ausgabepreis von 29,40€ pro Aktie in den Markt gestartet und anschließend bis Oktober 2019 auf 3€ pro Aktie abgerutscht. Bis Februar 2021 konnte sich der Kurs wieder fangen und mit etwas mehr als 25€ pro Aktie sogar beinahe den Emissionspreis wieder einholen. Aktuell verharrt die Aktie allerdings erneut bei um die 3€ pro Stück.
Mehrheit der Aktien performt nach IPO unterdurchschnittlich
Nach einer Studie zweier Schweizer Finanzwissenschaftler aus dem Jahre 2008 sollten Anleger sogar besser die Finger von Pre-IPO-Investments lassen. In der Untersuchung mit dem Titel „Which, Why, and for How Long Do IPOs Underperform?“ beobachteten die Wissenschaftler insgesamt 7.378 Unternehmen, die zwischen 1975 und 2005 an die Börse gegangen sind. Das Ergebnis: Im ersten Jahr nach dem IPO performte die Mehrheit der Aktiengesellschaften schlechter als der Gesamtmarkt im selben Zeitraum. Nach dem ersten Börsenjahr drehte sich jedoch für die meisten Unternehmen der Wind und es konnte laut der Studienautoren keine Underperformance mehr festgestellt werden.
Kurz gesagt: Wer vor dem IPO eine Aktie kauft, verbessert damit nicht automatisch seine Chancen auf Gewinne, sondern geht die gleichen Risiken ein, wie alle anderen Anleger, die die Aktien später über die Börse handeln. Teilweise kann es sich also lohnen, erst einmal das Debüt abzuwarten und den Markt für eine Zeit zu beobachten.
Kommentare (5)
S
Sanny
sagt am 13. Januar 2023
Ich bin mir auch nicht so ganz sicher ob es sich lohnt in Porsche Aktien zu investieren
A
Anonym
sagt am 24. September 2022
Was gäbe es für einen Unterschied, wenn ich beim Zeichnen der Porsche IPO Aktie statt 82.50€ Limit eine Billigst Zeichnungsorder gebe? Die Möglichkeit wird mir ja gegeben!
S
Stefan
sagt am 27. September 2022
De facto ist das kein Unterschied. In der Praxis werden beiderlei Orders vom Berater oder der Beraterin erfasst, aber es ist egal.
J
Jakob
sagt am 23. September 2022
? häh, dass ist das Fazit? Ich frage mich gerade auch, ob man Auto1, Mister Spex oder Home24 als Vergleichs-IPO´s heranziehen kann?!?
B
Bernd
sagt am 23. September 2022
Knorr-Bremse und Hello Fresh wurden auch verglichen, also positive Beispiele. Auto1, Mister Spex und Home24 wurden als Negativbeispiele angeführt. Nicht weil eines der Unternehmen mit Porsche vergleichbar sind, sondern weil mögliche Szenarien nach einem IPO aufgezeigt werden sollten. O.K., Porsche ist kein Startup oder junges Unternehmen, sondern ein Riese mit Tradition. Vielleicht wäre da das IPO der Telekom ein naheliegenderer Vergleich? Hier ging es aber darum - wie üblich - darauf hinzuweisen, dass niemand die Zukunft vorhersehen kann und somit alles möglich ist.
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