Schluss mit dem Soli
“Der Soli muss weg!” So tönt es seit Jahren, nein, seit Jahrzehnten aus der Bevölkerung. So steht es in den Kommentaren von Journalisten oder in den Wahlprogrammen von Abgeordneten. Verwunderlich ist der Ruf nach dem Ende des Soli nicht: Schließlich war der 1991 eingeführte “Solidaritätszuschlag” ursprünglich nur für ein Jahr gedacht - und außerdem nur für die Finanzierung der Wiedervereinigung, für die Unterstützung der “neuen Bundesländer”. Für neue Straßen, Schulen, Krankenhäuser.
Heute, fast 30 Jahre später, gibt es den Soli immer noch und die monatliche Abgabe gehört in den Haushaltsplan der Großen Koalition wie das Amen in die Kirche. Tatsächlich kommt bei mehr als 46 Mio. Steuerzahlern durch die eine nette Summe zusammen: Knapp 11 Milliarden Euro nimmt die Bundesregierung jedes Jahr allein durch den Soli ein. Und weil das Geld de facto nie zweckgebunden war - und es bis heute nicht ist - werden die Zusatzeinnahmen eben für alles ausgegeben, was im deutschen Haushalt so anfällt.
Und nicht nur, um der ehemaligen DDR finanziell unter die Arme zu greifen. Anfang der 1990er Jahre zum Beispiel flossen ganze 22 Mrd. D-Mark der Soli-Einnahmen in die Finanzierung des Zweiten Golfkriegs. Auch Länder außerhalb der Bundesrepublik wurden mit den Einnahmen aus dem Soli finanziell unterstützt, beispielsweise Staaten in Süd- und Osteuropa.
Teilweise fließt der Soli natürlich auch in ostdeutsche Projekte. Am Ende aber fließt die “Sondersteuer” aber eben doch in dem großen Geldtopf der Bundesregierung. Besser gesagt: Die Regierenden haben ihn fest in ihr Budget eingeplant. Und darauf nun zu verzichten, wäre ein massiver Einschnitt.
Genau so soll es ab nächstem Jahr allerdings passieren. Zumindest für die Mehrheit der Deutschen soll der Soli dann nämlich abgeschafft werden. Vor allem Menschen mit einem geringen bis mittleren Einkommen sollen so steuerlich entlastet werden. Aber auch Gutverdiener können sich auf hohe Einsparungen freuen. Für Sehr-Gut-Verdiener dagegen gilt das nicht: Sie müssen ab nächstem Jahr genauso tief in die Tasche greifen wie schon jetzt. Denn die oberen 10% der Gesellschaft sollen den Soli ab nächstem Jahr allein schultern.
Eine verkappte Reichensteuer?
Dass Menschen mit einem Jahreseinkommen über 110.000€ weiterhin die vollen 5,5% Soli auf ihre Einkommens- und Körperschaftssteuer zahlen sollen, sorgt in großen Teilen der Bevölkerung für Empörung. Für Jahreseinkommen zwischen 73.000€ und 109.000€ brutto wird der Solidaritätszuschlag zumindest teilweise abgeschafft. Doch viele Gemüter beruhigt das nicht: Wenn abschaffen, dann für alle, so die Forderung. Schließlich sei der Soli als Zuschlag auf die Körperschaft- und Einkommensteuer nach der Wende für alle Bürger eingeführt worden. Das Ganze jetzt als eine “verkappte Reichensteuer” weiterzuführen, sei keine “saubere steuerpolitische Entscheidung”, kommentiert zum Beispiel Henrike Roßbach von der Süddeutschen Zeitung. “Wer eine Reichensteuer einführen will, soll es tun und sie auch so nennen”, so die Autorin.
Und noch eine Gruppe könnte sich angesichts der künftigen Soli-Regelung benachteiligt fühlen: die der Anleger. Denn auch für sie bleibt der Solidaritätszuschlag erhalten, der auf die Kapitalertragssteuer fällig wird. Alle Gewinne, die über dem Freibetrag von 801€ im Jahr liegen, werden also weiterhin zu 26,375% versteuert (25% Abgeltungssteuer und auf diese noch mal 5,5% Soli).
Schon lange liebäugelt der Finanzminister allerdings auch mit der vollständigen Abschaffung der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. Im Gegenzug wäre allerdings auch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wahrscheinlich - und auch für Bürger mit einem höheren Einkommen könnten die Steuern insgesamt steigen. Schon 2017 hatte der Vizekanzler die Einführung einer sogenannten “Reichensteuer” gefordert.
Kommentare (2)
K
Kamaka
sagt am 06. Oktober 2020
Selbst wenn der Soli abgeschafft wird….muss dann eine andere dauerhafte Abgabe geschaffen werden. Cornoa-Steuer ….
M
Max
sagt am 02. Oktober 2020
Wäre noch Klasse, würdet ihr eine Tabelle erstellen, wie sich eine potentielle Abschaffung des Soli auf Kapitalerträge auswirken würde. Vielleicht auch als Video, in Kombination mit Daten/Fakten/Pro/Contra zur Finanztransaktionssteuer. Denke das interessiert einige in eurer Community!
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