Spenden: Großzügigkeit will geplant sein
Wer mehr verdient, spendet mehr
Die Spendenbereitschaft der Deutschen nimmt seit Jahren stetig zu. Sind 2007 nach Angaben des Deutschen Spendenrats noch unter 4 Mrd. Euro an gemeinnützige Vereine geflossen, waren es 2020 ganze 5,4 Mrd. Euro. Mehr als drei Viertel davon gingen an humanitäre Organisationen. An zweiter Stelle standen Tierschutzprojekte, gefolgt von Umwelt- und Naturschutz-Projekten.
Doch wer wie viel spendet und ob überhaupt, hängt von demografischen Faktoren und vor allem vom Einkommen ab. Das hat eine Langzeitbefragung des Sozio-Ökonomischen Panels 2021 festgestellt, welche sich die Spendengewohnheiten der Deutschen genauer angesehen hat. Insgesamt hat der durchschnittliche Spender in Deutschland im Jahr 2017 genau 301€ für gemeinnützige Zwecke ausgegeben. Je nach Alter, Geschlecht, Bildungsstand und Einkommen zeigen sich aber teils gravierende Unterschiede.
Spendenquote | Durchschnittliche Spendenhöhe | |
---|---|---|
Insgesamt | 47% | 301€ |
Männer | 45% | 357€ |
Frauen | 49% | 251€ |
16-34 Jahre alt | 30% | 158€ |
35-49 Jahre alt | 48% | 254€ |
50-64 Jahre alt | 49% | 329€ |
65-79 Jahre alt | 58% | 363€ |
ab 80 Jahren alt | 58% | 409€ |
Ohne Abschluss | 30% | 165€ |
Realschulabschluss, Abitur & beruflicher Abschluss | 45% | 232€ |
Fach-/Hochschulabschluss | 64% | 461€ |
Während weibliche Spender 2017 beispielsweise 251€ gespendet haben, griffen Männer mit 357€ durchschnittlich etwas tiefer in die Tasche. Was nicht bedeutet, dass Großzügigkeit eher ein männliches Phänomen wäre. Die Forscher erklären sich den Unterschied damit, dass Frauen im Schnitt nach wie vor über weniger Einkommen verfügen als Männer. Sei es, weil sie in schlechter bezahlten Jobs arbeiten, häufiger in Teilzeit angestellt sind oder schlichtweg weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.
Dass Spenden auch eine Sache des Alters ist, machen die Daten ebenfalls deutlich. Mit 58% ist die Spendenbereitschaft unter den 65-80-Jährigen unserer Gesellschaft mit Abstand am höchsten. Von den 16-34-Jährigen dagegen spendete 2017 nur etwa jeder dritte. Auch in diesem Fall hat die Erklärung von Sozialökonomen mit der wirtschaftlichen Situation zu tun, die im Alter für gewöhnlich stabiler ist als zu Beginn einer Erwerbslaufbahn.
Apropos Erwerbslaufbahn: Bildung und Berufsstand beeinflussen ebenfalls, wie sehr ein Mensch geneigt ist, Teile seines Einkommens für wohltätige Zwecke zu entrichten. So hat die Erhebung des SOEP ergeben, dass die Spendenquote bei Menschen ohne Schulabschluss und beruflichem Abschluss 2017 bei 30% lag, wohingegen sie bei Menschen mit Fach- oder Hochschulabschluss 64% betrug. Während der durchschnittliche Spender ohne Berufsausbildung im Schnitt 165€ gespendet hat, gaben Menschen mit Hochschulabschluss durchschnittlich 461€ pro Jahr ab.
Wie viel Prozent vom Einkommen sollten es sein?
Im Internet kursieren mehrere Ratschläge und Richtwerte dazu. Einige Spenden-Blogs empfehlen beispielsweise, jedes Jahr 1% vom Einkommen zu spenden. Bei einem Jahresgehalt von 30.000€ wären das also 300€ im Jahr und damit 25€ im Monat. Wer das Doppelte verdient, würde entsprechend 50€ im Monat spenden.
Inspirieren lassen könnte man sich auch vom deutschen Staat. Der gibt nämlich jedes Jahr 0,73% seines Bruttosozialprodukts, also des Gesamtwerts aller produzierten Waren und Dienstleistungen zum Zwecke der Entwicklungshilfe aus. Auch kulturell gibt es Vorstellungen von Großzügigkeit, an denen man sich orientieren könnte. Für viele gläubige Muslime beispielsweise ist es normal, jährlich 2,5% des eigenen Vermögens für wohltätige Zwecke zu entrichten. Wem all das noch zu knausrig ist, der kann sich vielleicht eher mit den Ansprüchen von “Mister Zehnprozent” anfreunden, einem anonymen Großspender, der vor vielen Jahren die Zehn-Prozent-Aktion ins Leben gerufen hat. Bis zu seinem Tod vor einigen Jahren spendete der Wohltäter stets 10% seines zu versteuernden Jahreseinkommens für ein Entwicklungsprojekt - allerdings unter der Voraussetzung, dass es ihm viele andere Spender gleich taten. So sind seit der Gründung der Aktion knapp 10 Mio. zusammen gekommen.
Wie viel Spende kann ich mir leisten?
Die genannten Beispiele können tatsächlich nicht mehr als eine Orientierungshilfe sein. Denn wer für sich herausfinden möchte, wie viel er am besten von seinem Einkommen abgeben sollte oder kann, ist zunächst mit einem Kassensturz gut beraten: Wie viel Geld geht jeden Monat für die fixen Ausgaben wie Miete, Lebenshaltung und Mobilität drauf, wie viel für Freizeitaktivitäten? Und wie viel wird jeden Monat in die eigene Altersvorsorge investiert? Das ist wichtig, um nicht versehentlich sich selbst bei dem Ganzen zu vergessen und schlimmstenfalls in finanzielle Engpässe zu geraten.
Woran erkennt man eine seriöse Organisation?
Spendenaufrufe zur Unterstützung in Not geratener Ukrainerinnen und Ukrainer gibt es dieser Tage reichlich. In den Nachrichten, auf Blogs und in den sozialen Netzwerken stößt man auf zahlreiche Aktionen, die von den Medien selbst oder auch von Prominenten, Vereinen oder Unternehmen beworben werden. Wer möchte, kann einem solchen Aufruf direkt folgen, denn IBAN und Kontonummer der empfangenen Organisation werden stets direkt mitgeliefert. Doch so vorschnell sollten Spendenwillige nicht reagieren. Auch wenn es sich bei den meisten Organisationen um seriöse Einrichtungen handelt, gibt es schwarze Schafe. Will meinen: Betrüger, die nur vorgeben, die eingesammelten Spenden an Hilfsbedürftige weiterzuleiten, in Wahrheit aber ihr eigenes Konto damit füllen. Doch wie stellt man sicher, dass die eigenen Gelder nicht veruntreut werden?
DZI-Siegel als Qualitätskriterium
Eine gute Orientierung liefert das sogenannte DZI Siegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen. Das 1992 eingeführte Label soll Verbrauchern auf einen Blick zeigen, dass eine Einrichtung verantwortungsvoll und vertrauenswürdig mit dem eingesammelten Geld umgeht und sich zu Transparenz verpflichtet hat. Um das gewährleisten zu können, setzt das DZI eine Reihe von Qualitätskriterien bei der Vergabe des Siegels an. Beispielsweise muss eine Organisation regelmäßig und nachvollziehbar dokumentieren, dass die Einnahmen auch für den angedachten Zweck eingesetzt werden. Geworben werden darf nur sachlich, wahrheitsgemäß und unmissverständlich, außerdem gibt es genaue Ansprüche in Sachen Datenschutz, Vergütung der Mitarbeiter sowie Rechnungslegung und Prüfung, die erfüllt sein müssen. Insgesamt umfasst der Regelkatalog des DZI 40 Seiten. Sowohl die Verbraucherzentralen als auch die Stiftung Warentest empfehlen das Label als vertrauenswürdige Orientierungshilfe.
Auf seiner Website hat das DZI eine Datenbank mit allen Organisationen veröffentlicht, die das Siegel tragen, darunter beispielsweise der Zusammenschluss “Aktion Deutschland Hilft”, der gleich mehrere deutsche Hilfsorganisationen umfasst. Auch das Deutsche Rote Kreuz, die UNO Flüchtlingshilfe und die Malteser Stiftung tragen das DZI-Siegel. Speziell für die Ukraine-Krise hat das Institut eine eigene Spendeninfo erstellt, die vertrauenswürdige Organisationen mitsamt Kontonummern und Adressen listet.
Dass manch eine Einrichtung sich nicht auf der Liste findet, heißt nicht automatisch, dass sie deswegen von Schwindlern betrieben wird. Eine der Voraussetzungen für das begehrte Siegel ist nämlich, dass in der Vergangenheit jährlich mindestens 25.000€ eingenommen wurden, außerdem muss das Hilfswerk mindestens zwei Jahre bestehen. Sehr junge NGOs oder auch kleine, spezialisierte Vereine sind dadurch oft erst nach einer Zeit in der Lage, von dem DZI ausgezeichnet zu werden.
Neben den “guten” Datenbanken führt das Institut auch eine Negativliste, in der es all jene Vereine aufführt, die den Experten als “nicht förderungswürdig” erscheinen. Sei es, weil sie beispielsweise nicht sparsam genug mit den eingesammelten Mitteln umgehen oder aber in polemischer Art und Weise und mit marktschreierischen Bildern statt mit sachlichen Informationen für ihr Projekt werben. Eine der Adressen auf der Negativliste ist der “Bund Deutscher Tierfreunde e.V.”. Das DZI kritisiert den Verein für fehlende Transparenz bezüglich der Mittelverwendung. Negativ bewertet das DZI außerdem, dass der Verein in Fußgängerzonen oder direkt an der Haustür für Fördermitgliedschaften wirbt, die sich anschließend nur schwer wieder kündigen lassen.
Selbst auf Seriosität prüfen
Es gibt Möglichkeiten, wie Spendenwillige eine Organisation auch selbst auf Herz und Nieren prüfen können. Zunächst einmal sollte Google die erste Anlaufstelle sein: Negative Bewertungen oder Kritik an einer Organisation bleiben dem Internet selten verborgen. Misstrauen ist nach Angaben der Polizeilichen Kriminalprävention immer dann angebracht, wenn die Werbung der vermeintlichen Organisation besonders aufdringlich ist. Die Experten warnen auf ihrer Website vor “besonders emotionalen Appellen und angstmachenden Botschaften”. Unseriöse Werbung sei typisch für betrügerische Anlaufstellen.
Wie viel Geld kommt beim Projekt an?
Unbedingt aufgerufen werden sollte die Website des Anbieters. Verbraucherschützer empfehlen, dort nach den Jahresberichten einer Organisation zu suchen. Denn der Jahresbericht eine gute schlechte Anlaufstelle, um mehr über die Arbeit der NGO zu erfahren. Zum Beispiel muss eine Einrichtung darin erfassen, wie viel Prozent der eingesammelten Mittel am Ende tatsächlich in das angedachte Projekt fließen. Dass nicht alles bei den Hilfesuchenden ankommt, ist völlig normal - schließlich haben Organisationen Verwaltungs- und Werbekosten zu tragen, benötigen also Budget, um überhaupt für ihre Vorhaben eintreten zu können.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) gab beispielsweise in der Vergangenheit 19% seiner Spenden für Werbung, Verwaltung und Informationsarbeit aus, bei dem Bündnis Aktion Deutschland Hilft waren es zuletzt 13% und bei Brot für die Welt 9% im Jahr. Wegen dieser nicht zu verachtenden Ausgaben kann es sinnvoll sein, sein Geld über möglichst wenige Organisationen zu verteilen. So bleibt der Verwaltungsaufwand überschaubar, es kommt letztlich also mehr Geld dort an, wo es eigentlich hin soll.
Neben einem Blick auf den Jahresbericht sollte unbedingt das Impressum einer Organisation geprüft werden. Ist eine Kontaktadresse oder Geschäftsstelle angegeben oder gibt es vielleicht sogar Ansprechpartner, mit denen man sich in Verbindung setzen kann? Ist das Impressum unauffindbar oder unvollständig, ist Vorsicht geboten.
So lassen sich Spenden von der Steuer absetzen
Wer spendet, bekommt einiges zurück. Natürlich in erster Linie das wohlige Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, aber auch finanziell. Denn der deutsche Staat belohnt Spenderinnen und Spender mit großzügigen Steuererleichterungen.
Spenden zählen als Sonderausgaben, das heißt, sie lassen sich bis zu einem gewissen Grad von der Steuer absetzen. Mitgliedsbeiträge an bestimmte gemeinnützige Vereine sowie Spenden für humanitäre Projekte, Kunst, Kultur und Umwelt lassen sich bis zu einer Höhe von 20% des zu versteuernden Einkommens absetzen. Das zu versteuernde Einkommen ist der Teil vom Bruttolohn, auf den Einkommensteuer entrichtet werden muss - das heißt, bestimmte Entlastungsbeträge sind hier bereits abgezogen, darunter zum Beispiel Kinderfreibeträge oder Freibeträge für Alleinerziehende. Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 50.000€ ließen sich theoretisch also 10.000€ Spenden von der Steuer absetzen. Wurden in einem Jahr mehr Spenden gezahlt als absetzbar sind, lassen sich diese auch im nächsten Jahr noch nachträglich von der Steuer absetzen..
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An die Spendenbescheinigung denken
Um die Steuerersparnisse zu nutzen, braucht es in aller Regel eine Spendenquittung, die den Erhalt der Spende bescheinigt und vom Empfänger ausgestellt werden muss. Im Fachjargon nennt sich diese Quittung “Zuwendungsbestätigung”. Liegt die jährliche Spende unter 300€, reicht jedoch schon ein Kontoauszug, um die Zahlung nachzuweisen. Auch kommt es vor, dass der Staat eine Ausnahme in besonderen Notlagen macht, beispielsweise im Fall einer Naturkatastrophe. Häufig wird dann - wie auch jetzt für die Opfer des Ukraine-Kriegs - ein Sonderkonto eingerichtet, auf das Unterstützer ihr Geld überweisen können. Als Nachweis beim Finanzamt genügt dann ebenfalls ein Kontoauszug. Übrigens lassen sich auch Sachspenden von der Steuer absetzen. Hierbei gilt der Markt- beziehungsweise Verkehrswert der Sachspende.
Im Voraus Freibetrag bei Lohnsteuer eintragen lassen
Wer regelmäßig und nicht allzu knapp spendet, kann auf das Sammeln von Spendenquittungen auch verzichten und sich dafür direkt eine Lohnsteuerermäßigung beim Finanzamt einrichten lassen. Der Arbeitgeber zieht in dem Fall monatlich automatisch weniger Lohnsteuer ab. Möglich ist das ab Spendenbeiträgen von über 600€ jährlich. Beantragt werden kann so ein Ermäßigungsverfahren nicht nur für Spenden, sondern auch für andere Sonderausgaben wie beispielsweise Schulgeld, Kinderbetreuungskosten oder die gezahlte Kirchensteuer, aber auch für regelmäßige Werbungskosten wie Reisekosten, ein Arbeitszimmer oder Kosten für Fort- und Weiterbildungen.
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Kommentare (3)
D
Daniel
sagt am 01. April 2022
Prima Artikel. Was man noch in Bezug auf Planung noch erwähnen könnte ist, dass manche Arbeitgeber - gerade die größeren - Programme zur Spendenverdopplung ihrer Angestellen haben. Mal kurz nachschauen oder -fragen kann also den Betrag, der bei der Einrichtung ankommt kann ganz schön erhöhen. Um die eigene Steuerermäßigung einer Spende grob abschätzen zu können ist - neben dem Beispiel oben - wohl der eigene Grenzsteuersatz (!) am nützlichsten, wenn man ihn in etwa kennt. Vielleicht ergänzt ihr diese Angabe ja mal in Eurem EinkommenSteuer- oder Brutto-Netto-Rechner?
M
Mod
sagt am 10. Dezember 2022
Gute Idee- wäre ein Grund meine Spende zu erhöhen ! Einen Rechner wäre wirklich supet
B
Bernd Kaiser
sagt am 25. März 2022
Wie immer sehr verstaendlich erlaeutert, wie auch schon im juengsten Buch von Kehl/Linke getan. Grosses Lob an dieser Stelle!!!
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