Reich durch Zufall?
Wir können alles schaffen, wenn wir nur fest genug daran glauben? Im deutschen Alltag begegnen einem solche Sätze so verlässlich wie das Amen in der Kirche. Schon im Kindesalter lesen wir sie auf Buchdeckeln oder hören sie von unseren Eltern. Einmal erwachsen, überschütten uns Karriere-Coaches mit Slogans wie “Erfolg beginnt im Kopf”. Doch reicht wirklich schon die richtige Einstellung, um Träume wahr werden zu lassen? Oder sind viel eher Fleiß und Mühen die Zutaten für ein erfolgreiches Dasein? Leben wir längst den sozialdemokratischen Traum und können alles erreichen, wenn wir uns nur genügend anstrengen? Oder ist stattdessen wesentlich, wie wir gestrickt sind: Müssen wir besonders willensstark, intelligent, mutig und begabt sein, um einmal Erfolg zu haben?
All das hilft gar nichts, meint ein Forscherteam der Uni Catania – solange es an einem Faktor fehlt: mächtig viel Glück. Ob wir im Leben scheitern oder gewinnen, ist in erster Linie purer Zufall. Zu diesem Ergebnis kommt ihre Studie “Talent versus Luck: The role of randnomness in success and failure”, die 2018 im Fachjournal “Advances in Complex Systems” erschien. Darin zeigen zwei Physiker und ein Ökonom anhand einer Modellsimulation, inwiefern glückliche und unglückliche Ereignisse unseren wirtschaftlichen Erfolg bestimmen – und stellen damit einige steinalte Gewissheiten infrage.
Jeder ist seines Glückes Schmied? Von wegen
Wozu wir es mal bringen im Leben, hängt von unserer Leistung ab. Ein Paradigma, an das man vor allem in wettbewerbsorientierten Kulturen gerne glauben möchte – und das die Forscher mit ihrer Studie als widerlegt sehen. Ist das meritokratische Prinzip, nach dem allein Können und Mühen zählen und jede Position “verdient” sein soll, in Wahrheit nur eine Illusion?
Darauf deutete schon vor der Studie der Uni Catania einiges hin. Zum Beispiel stellt offenbar schon der Name, mit dem wir bei der Geburt versehen werden, die Weichen fürs gesamte spätere Leben. Ein paar Belege dafür liefern die Studienautoren gleich zu Beginn: So hätten wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, dass Menschen mit edel klingendem Nachnamen eher in Managerpositionen als in Angestelltenjobs landen. Dass Juristinnen erfolgreicher sind als die Konkurrentinnen, wenn sie auf männliche Spitznamen hören – und Wissenschaftler umso eher einen Nobelpreis ergattern, je weiter vorn im Alphabet der Anfangsbuchstabe ihres Nachnamens steht.
Wirtschaftlicher Erfolg extrem ungleich verteilt
Stutzig machen könnte einen auch, dass Erfolg, hier definiert als finanzieller Wohlstand, viel ungleicher unter den Menschen verteilt ist als Talent. Mit letzterem meinen die Forscher aus Catania vor allem persönliche Fähigkeiten wie Intelligenz, Ehrgeiz, Mut und Geschicklichkeit. Während diese Talente also in der Bevölkerung normal verteilt sind, um nicht zu sagen: gerecht, konzentriert sich wirtschaftlicher Erfolg bei einigen wenigen.
Normale Verteilung von Talent in der Bevölkerung
“Acht Männer besitzen so viel Vermögen wie die ärmsten 3,6 Milliarden Menschen der Erde zusammen”, zitieren die Autoren aus einem Oxfam-Bericht von 2017. In Deutschland ist der Graben zwischen Arm und Reich ähnlich beachtlich: Dem jüngsten Report der Nothilfe-Organisation zufolge wurden zwischen 2020 und 2021 ganze 81% des gesamten Vermögens vom reichsten Prozent der Bevölkerung erwirtschaftet. Die restlichen 99% teilten sich 19% des Vermögenszuwachses. Weil sie ganz einfach Fortuna nicht auf ihrer Seite hatten?
Um das herauszufinden, entwickelten die Forscher ein simples agentenbasiertes Modell, das “Talent-versus-Luck-Modell”. Sie erschufen 1.000 künstliche Individuen und statteten sie mit demselben Startkapital aus, nicht aber mit dem gleichen Maß an Fähigkeiten. Talent und Fähigkeiten wurden, wie in der Realität, “normal” verteilt. Mithilfe einer Simulation ließen sie die Individuen ein 40-jähriges Arbeitsleben durchlaufen und sowohl glückliche und unglückliche Ereignisse nach dem Zufallsprinzip auf sie niederprasseln. Dabei symbolisierten grüne Punkte im Schaubild die positiven und rote Punkte die negativen Ereignisse.
Beispiel für das Setup einer Simulation über 40 Jahre
Glück ohne Fähigkeiten bringt auch nichts
Die Zufälle sollten nicht ohne Folgen bleiben. Traf ein unglückliches Ereignis auf ein Individuum, halbierte sich sein Kapital. Bei glücklichen Ereignissen verdoppelte es sich – allerdings nicht bei jedem. Die Wahrscheinlichkeit einer Verdopplung stieg mit dem Maß an Talent, das heißt: nur, wenn die Person “smart” genug war, von ihrem Glück zu profitieren beziehungsweise die günstige Gelegenheit auch zu nutzen.
Begabte Individuen hatten in der Modellsimulation also bewusst einen bedeutenden Vorteil. Man könnte auch sagen: Sie hätten Fortuna noch so oft auf ihrer Seite haben können - ohne ein gewisses Maß an Fähigkeiten wäre ihnen dennoch der Erfolg verwehrt geblieben. Oder um es mit den Worten von Napoléon Bonaparte zu sagen: “Fähigkeiten sind nichts ohne Möglichkeiten.” Unangenehme Ereignisse warfen dagegen alle Personen in gleichem Maße zurück.
So überrascht erst einmal nicht, dass nach 40 Jahren weniger “ergriffene” Chancen gezählt wurden als unglückliche Schicksalsschläge. Schließlich war nicht jedes Individuum in der Lage, die Gunst der Stunde zu nutzen.
Häufigkeit (genutzter) glücklicher Zufälle und unglücklicher Zufälle
Am Ende des Simulationsverlaufs zeigte sich eine ähnliche Verteilung von Erfolg beziehungsweise Vermögen, wie sie in der Realität auftritt: 20% der Individuen besaßen 80% des Gesamtkapitals, während den übrigen 80% und damit der breiten Masse nur 20% gehörten. Es klaffte also eine bedeutende Lücke zwischen Erfolgreichen und Erfolglosen.
Verteilung von Kapital / Erfolg nach der Simulation
Talent ist kein Garant für Erfolg
Doch wer sind die Erfolgreichen, die den höchsten Reichtum in ihrem Leben anhäufen? Nicht etwa die Koryphäen der Gesellschaft, die geradezu prädestiniert dafür sind. Nein, den höchsten Aufstieg legten Individuen mit einem Talent leicht über dem Durchschnitt hin. Ein Beweis für die italienischen Forscher, dass nur der pure Zufall für dieses Ergebnis verantwortlich sein kann. “Wir können daraus schließen”, schreiben die Autoren, “dass vermutlich ein anderer Faktor hinter dem enormen Erfolg mancher Leute steckt: reines Glück.” Mittelmäßig talentierte Glückspilze, so schlussfolgern die Forscher, seien also oft erfolgreicher als sehr talentierte Pechvögel. So konnten lediglich 32%, also knapp ein Drittel der begabtesten Menschen, in der Simulation ihr Anfangsvermögen innerhalb der 40 Jahre erhöhen.
“Glück ist wichtiger als Talent, wenn es darum geht, die Top-Ebenen des Erfolgs zu erreichen”, so die Autoren.
Erfolge schreiben wir uns gern zu, Misserfolge nicht
Glaubt man den Studienergebnisse, ziehen Talent und Leistung also nicht zwangsläufig Erfolg nach sich. Doch sind Fähigkeiten und Qualitäten deswegen noch nicht irrelevant für die Karriere, im Gegenteil: Nach Einschätzung der Forscher sind sie sogar unbedingt notwendig für den Erfolg – nur eben kein Garant. Talent und Aufwand nützen wenig, wenn man nicht ab und an zur rechten Zeit am rechten Ort ist.
Eine Tatsache, die in unserer leistungsorientierten Gesellschaft tendenziell übersehen, wenn nicht sogar bestritten werde, bemängeln die Studienautoren. Vor allem von jenen, die die Spitze des Erfolgs erreicht haben. Nassim Nicholas Taleb, Finanzmathematiker und Autor des Buchs “The Black Swan” hat eben dieses Phänomen einmal als “narrative Verzerrung” bezeichnet. Man schaffe nachträglich eine Erzählung (ein Narrativ), um dem Ereignis einen plausiblen Grund zu geben. So neigen Menschen, das hat die Wissenschaft bereits ausgiebig belegt, tendenziell dazu, Erfolge auf Können und Leistung zurückzuführen. Misserfolge werden dagegen gern als Pech oder dummer Zufall abgeheftet und seltener als Produkt eigenen Verschuldens.
Wer schon Erfolg hatte, gilt als kompetent
Was ist nun so problematisch daran, dass wir den Zufall offenbar unterschätzen? Einiges, meint das Forscherteam. Zum Beispiel beeinflusse es einerseits “die Art und Weise, wie unsere Gesellschaft Arbeitsmöglichkeiten, Ruhm und Ehre gewährt”. Andererseits aber auch die Strategien, wie politische Regierungen Mittel und Ressourcen verteilen.
So werte die Gesellschaft ein hohes Erfolgsniveau oft fälschlicherweise als Beweis für Kompetenz. Talentierte mit weniger Glück hätten dadurch tendenziell weniger Möglichkeiten. Deswegen warnen die Forscher in ihrer Studie vor einem “grundsätzlichen Paradigma”, das sie “naive Meritokratie” nennen – und das dazu führe, die Macht des Zufalls zu unterschätzen.
Doch wenn wir Menschen nicht nach ihrer sichtbaren Leistung beurteilen und auszeichnen – wie dann? Die Studienautoren haben sich da schon ein paar Alternativen überlegt, zumindest für die Wissenschaft. Darunter eine Art Grundeinkommen für die Forschung: Jedem Wissenschaftler könne zunächst die gleiche Höhe an Geldern zustehen, unabhängig von bisherigen Leistungen. Denkbar sei auch, nur einen Teil der Förderungen an die erfolgreichsten zu vergeben und den Rest zwischen allen anderen aufzuteilen. Oder von vornherein den Zufall entscheiden zu lassen, welche Wissenschaftler die Gelder erhalten sollen. “Den Kompetentesten die Mittel zu geben, sollte das Hauptziel eines meritokratischen Ansatzes sein”, heißt es in der Studie.
Vielleicht ist die Macht des Zufalls noch viel größer
So eingängig die Ergebnisse der Studie sind, so fraglich kann man sie finden. Das Simulationsmodell der Uni Catania ist bewusst simpel gehalten und fängt die Komplexität eines menschlichen Lebens nur begrenzt ein. Zum Beispiel könnte man beanstanden, dass ja auch schon vor Beginn des Arbeitslebens Fortuna seine Finger im Spiel hat. In welchem Land wir geboren werden, mit wem wir aufwachsen und wie viel unsere Eltern verdienen, ist ebenfalls Zufall und bestimmt, von welchem Startblock aus wir die Karrierelaufbahn beginnen - und ob wir erst mal drei Strafrunden rennen müssen. Vielleicht spielen Glück und Zufall also in Wahrheit eine noch größere Rolle, als von den italienischen Wissenschaftlern angenommen.
Am Ende ließen sich vermutlich auch persönliche Eigenschaften wie Mut, Intelligenz oder Beharrlichkeit dem Zufall zurechnen. Doch weil man irgendwo die Grenze ziehen muss, bleibt wohl die Erkenntnis: Wir sind alle für unser eigenes Wohl verantwortlich und theoretisch in der Lage, Ruhm und Reichtum zu erlangen. Doch können uns zufällige Ereignisse eben manchmal daran hindern. Zugleich werden wir bei dem ein oder anderen Erfolg das Glück auf unserer Seite gehabt haben. Es wäre falsch, den Erfolgreichsten dieser Welt deswegen partout ihre Leistung anzuerkennen. Oder zu meinen, ohnehin nicht viel gegen das Schicksal ausrichten zu können. Vielleicht reicht es schon, sich ab und zu daran zu erinnern, dass wir oft, aber nicht immer unseres eigenen Glückes Schmied sind.
Was glaubt ihr: Wie stark hängt finanzieller Erfolg von eigener Leistung ab? Erzählt es uns gern in den Kommentaren!
Kommentare (12)
W
Werner
sagt am 31. Juli 2023
Sozusagen: Das Glück des Tüchtigen. Interessant wäre allerdings, wie Glück in der Studie definiert wird. -- Eine chinesische Weisheitsgeschichte erzählt von einem Bauern, der nur ein einziges, altes Pferd für die Feldarbeit hatte... Pech? Glück? Wer weiß?
B
Benny
sagt am 08. Juli 2023
Der pakistanische Ziegelbrenner oder die amerikanische Servicekraft wird wohl nie über solche Dinge nachdenken. Wenn ihnen jemand eine Möglichkeit bietet und sie anbeißen und Lernen, sich fortbilden und "fleißig" sind, dann können sie auch viel vollbringen. Allerdings eben nur eine*r von einer Million... Glück, Fleiß und Talent gehen einher. Ich denke nur, dass man Talent einfach haben muss, Fleiß kann man sich schon erarbeiten und Lernen und Glück muss man dann halt haben. In einer Welt in der ein mensch 1500 EUR verdient und die anderen in dessen Mikrokosmos nur 500 EUR ist eben der Eine der Reiche... Und: Geld ist eben nicht Alles. Man muss irgendwann abtreten und sagen können: "Das war ein gutes Leben." Ewig nach Geld streben macht verbittert und unglücklich!
A
Anonym
sagt am 08. Juli 2023
Ich werde demnächst 53 Jahre alt und habe in mehreren Ländern und Systemen gewohnt und gearbeitet. Rückblickend würde ich sagen, das es die notwendige Begabung Befähigung und Bereitschaft braucht. Dazu gehört auch die Fähigkeit Möglichkeiten zu suchen, zu erkennen und zu nutzen, selbst wenn es diese nur in anderen Fachgebieten oder Ländern gibt.
A
Anonym
sagt am 08. Juli 2023
Einerseits heißt es, die Gesellschaft werte „ein hohes Erfolgsniveau oft *fälschlicherweise* als Beweis für Kompetenz.“, andererseits sind Fähigkeiten und Qualitäten nach Einschätzung der Forscher *unbedingt notwendig* für den Erfolg – nur eben kein Garant. Wenn letzteres stimmt dann ist Erfolg doch ein Beweis für Kompetenz.
A
AlexJ
sagt am 07. Juli 2023
"Es wäre falsch, den Erfolgreichsten dieser Welt deswegen partout ihre Leistung anzuerkennen. " Da sollte "abzuerkennen" stehen, oder? Und so ganz das treffende Wort ist "partout" nicht, vermutlich eher "pauschal".
A
Alexandra E.
sagt am 06. August 2023
Ich finde: "Es wäre falsch, den Erfolgreichsten dieser Welt deswegen pauschal ihre Leistung anzuerkennen, aber auch abzuerkennen." - besser. Denn natürlich ist es eine Leistung um die Wechselwirkung zwischen Talent, Fähigkeit und Chancen zu wissen und diese Möglichkeiten bei geeigneten Fähigkeiten auch zu suchen und wahrzunehmen. Dazu zählt auch, zu wissen, wie man netzwerkt, wie man Chancen findet, um zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. - Jedoch ist diese Leitung eben dann auch begrenzt, wenn andere Faktoren (Aussehen, Nachname, Herkunft, Religion etc. ) nicht stimmen. - Deshalb ist finanzieller Erfolg meiner Meinung nach natürlich AUCH immer vom Glück abhängig. Man kann demnach niemanden seinen Erfolg pauschal zu 100% anerkennen, aber eben auch nicht komplett aberkennen.
C
Christoph
sagt am 07. Juli 2023
Wenn ich mich recht erinnere gab es da mal eine Studie bei der Personen nach dem Anteil Glück an ihrer Karriere befragt wurden. Die meisten erfolgreichen Personen gaben dem Faktor Glück einen höheren Stellenwert als die weniger erfolgreichen. Demnach scheint es den erfolgreichen Personen sehr wohl bewusst zu sein, dass Glück eine große Rolle spielte. Allerdings wurde auch bemerkt, dass wohl alle inkl. der erfolgreichen Personen den tatsächlichen Glücksfaktor unterschätzt haben dürften.
N
Nick
sagt am 07. Juli 2023
Guten Morgen, früher haben es mir Slogans von Coaches immer angetan. Ich war selbst fest davon überzeugt, dass ich alles schaffen kann, wenn ich nur das richtige "Mindset" mitbringe. Zu dieser Zeit war ich 18 Jahre alt. Heute, fünfeinhalb Jahre später, bin ich fest davon überzeugt, dass das "richtige Mindset" noch lange nicht ausreicht. Es beginnt ja bereits mit dem Land, in dem jemand geboren wird. Und damit auch mit den jeweiligen grundlegenden Sorgen, die einen Menschen verfolgen. Danach reihen sich dein Argument in Bezug auf den Namen, den man bei Geburt bekommt, und alle anderen Paramter ein. Wer den Blick schweifen lässt, sich mit anderen Ländern der Welt beschäftigt, sie vielleicht sogar bereist, wird schnell feststellen, dass die Realität vieler Menschen ganz anders aussieht. Ich rede nicht von der klassischen Armuts-Problematik. Armut schadet letzlich der ganzen Gesellschaft, sie kennt viele Gesichter und ist auch in Deutschland ein wachsendes Problem. Ich rede viel mehr von Menschen, denen es weder richtig gut, noch richtig schlecht geht. Die täglich hart dafür arbeiten müssen, um überhaupt Zugang zu Wasser, einer Toilette, Essen oder einem Job zu bekommen. Oder jene, die vom Staat ausgegrenzt werden und für ihre Freiheit kämpfen. Wie diese Menschen wohl die Aussage einordnen würden, dass sie nur das richtige Mindset brauchen? Wir haben hierzulande paradiesische Bedingungen was Freiheit und Karriere angeht. Wer hart arbeitet, kann viel Geld verdienen und ein prächtiges, weitesgehend sorgenfreies Leben im Mittelstand führen. Die Frage ist halt, ob es das ist, wofür ich 1/3tel oder mehr meiner Zeit auf Erden investieren möchte...
M
Matthias
sagt am 07. Juli 2023
Hallo, wirklich sehr interessantes Paper. Ich finde die Grundannahmen gelungen, aber man könnte (bei höherer Komplexität) weitere Einschränkungen machen. Bspw. ist vermutlich auch das Risiko für die Pechevents leicht vom Talent abhängig (weniger stark als die Glücksevents), etwa weil die "talentierten" Individuen mit leicht erhöhter Wahrscheinlichkeit die Risiken von bestimmten Verhalten erkennen. Der größte Vorteil von uns Menschen ist gewissermaßen ja, dass wir uns an unsere neue Situation anpassen können, wer in bestimmten Lebensbereichen häufiger von Pechevents getroffen wurde, der wird in diesen Lebensbereichen anders agieren als ohne diese Pechevents. Methodisch kann man das in so eine statistische Studie sicher kaum einbauen, aber man sollte die Ergebnisse in diesem Rahmen betrachten. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass sich bei 100 und 10000facher Wiederholung die oben gezeigte Verteilung von erfolgreichen Individuen leicht Richtung höherem Talent verschiebt (Abb. 8 im Paper), aber trotzdem noch in der Nähe vom Durchschnitt des Talents bleibt. Die Autoren schreiben auch selbst: "In fact, from the micro point of view, following the dynamical rules of the TvL model, a talented individual has a greater a priori probability to reach a high level of success than a moderately gifted one, since she has a greater ability to grasp any opportunity will come. Of course, luck has to help her in yielding those opportunities." und "[F]rom the macro point of view of the entire society, the probability to find moderately gifted individuals at the top levels of success is greater than that of finding there very talented ones, because moderately gifted people are much more numerous and, with the help of luck, have - globally - a statistical advantage to reach a great success, in spite of their lower individual a priori probability."
M
Martin
sagt am 07. Juli 2023
Hallo liebes Team, ich persönlich glaube das die Leistungen gerade mal zu 25 % berücksichtigt werden. Glück dann auch nur zu 25 % aber definitiv wichtig sind. Ich glaube das Sympathie und emotionale Intelligenz aber 50 Prozent ausmachen. Egal wie gut man ist oder wieviel Glück man hat. Mögen einen die Menschen nicht, kommt man nicht weit.
M
Moritz
sagt am 07. Juli 2023
Stimmt, sehr guter Einwand. Wird leider oft vergessen, dass in einer Marktwirtschaft immer Geschäfte mit anderen Menschen gemacht werden. Dabei ist die soziale Kompetenz einer der wichtigsten Faktoren.
J
Julia
sagt am 07. Juli 2023
Dass (chronische) Krankheiten, Unfälle, Todesfälle und der finanzielle Start ins Leben kaum was mit Talent oder Kompetenzen zu tun haben, müsste man mit etwas Menschenverstand und offenen Augen eigentlich schon längst verstanden haben. Traurig ist, dass vielen dieser Personen immer noch zu wenig geholfen wird und die persönlichen Schicksale dahinter oft nur bemitleidet, aber nicht angemessen sozial, gesellschaftlich und vom Staat "behandelt" werden, sodass man wieder zurück in ein menschenwürdiges Leben finden kann.
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