Tomorrow’s neue Crowd-Kampagne: Ein Angebot zum Schwärmen?
Seit Anfang 2020 haben Emittenten noch mehr Möglichkeiten, sich bei einer Vielzahl von Gläubigern zu verschulden. Inzwischen dürfen sie zum Beispiel auch sogenannte Genussrechte an die Anleger verteilen. Und genau damit wirbt aktuell das Fintech Tomorrow.
“Zu fairen Bedingungen und auf Augenhöhe”
Mit Erfolg, wie seit dem 20. Oktober 2020 klar ist: Gerade mal 300 Minuten hat es gedauert, bis die nachhaltige “Smartphone-Bank” ganze 3 Mio. € von Privatinvestoren eingesammelt hat. Die haben im Gegenzug nun tokenbasierte Genussrechte erhalten, also digitale Wertpapiere, die dem Gläubiger Ansprüche auf eine Gewinnbeteiligung, zumindest aber auf eine Verzinsung garantieren. Das mag erst einmal gar nicht so schlecht klingen, zumal Tomorrow seine Crowdfunding-Kampagne liebevoll angepriesen hat: “Ihr, die Tomorrow-Community, seid für uns nicht irgendeine Stakeholder-Gruppe”, schreibt Tomorrow auf seinem Blog. Und weiter: “Die Aufgabe, ein faires, lebenswertes und nachhaltiges Morgen zu gestalten (…), können und müssen wir gemeinsam lösen. Genau deshalb bieten wir Euch jetzt an, Partner*innen zu werden. Zu fairen Bedingungen und auf Augenhöhe”.
5% Zinsen pro Jahr
Partner auf Augenhöhe sind die mehr als 2.000 Investoren deswegen allerdings noch lange nicht. Denn sie haben weder Mitspracherechte noch eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an dem Unternehmen. Die einzige wirkliche Partizipation an Tomorrow kommt über die eventuellen Gewinnausschüttungen zustande. Und die dürfte - selbst bei eines erfolgreichen Exit der Firma - bei den meisten ziemlich mickrig ausfallen, wie Tomorrow in seinen “Genussrechtsbedingungen” selbst vorrechnet:
Wenn die Emittentin eine Dividende von 1 Mio. € ausschüttet (...), entfielen auf einen Investor, der 1000 Genussrechte (Stückpreis 1€) hält 22,08€.
Falls es zu keiner Ausschüttung kommen sollte, erhält der Investor zwar in jedem Fall eine sogenannte “Basisrückzahlung”, sprich: Einen festen Zinssatz auf sein Investment pro Jahr. Weil die Laufzeit für das Crowdinvesting 10 Jahre beträgt, würde das 2030 eine Ausschüttung von 1.500€ bedeuten (falls 1.000 Genussrechte erworben wurden). Eine ziemlich miserable Aussicht dafür, dass man dem Unternehmen ein ganzes Jahrzehnt sein Geld anvertrauen.
Totalverlust ist möglich
Hinzu kommt: Den Zinssatz von 5% erhalten die Anleger nur, wenn Tomorrow auch die nächsten 10 Jahre durchhält und nicht in die Zahlungsunfähigkeit rutscht. Dann nämlich droht den Investoren der Totalverlust, wie es ebenfalls in der Verbraucherinformation von Tomorrow geschrieben steht:
Die angebotene Kapitalanlage ist mit speziellen Risiken behaftet. Der Anleger übernimmt mit den tokenbasierten Genussrechten mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre ein Risiko, welches über das allgemeine Insolvenzausfallrisiko hinausgeht.
Im Klartext sieht dieses Risiko so aus: Sollte Tomorrow bis 2030 wirtschaftlich in die Bredouille oder gar in die Pleite rutschen, hat der Anleger keinen Anspruch auf die Rückzahlung seines eingesetzten Kapitals, geschweige denn der versprochenen Gewinnanteile. Ein Teil- oder Totalverlust sind also durchaus möglich.
Die mehr als 2.000 Investoren haben sich davon nicht abschrecken lassen. Und auch Tomorrow scheint zuversichtlich, hält das Unternehmen doch in einem Paragraphen schon mal fest, dass das Emissionsvolumen erhöht werden darf - nämlich auf bis zu 8 Mio. €. Lange dürfte es also nicht mehr dauern, bis das FinTech die nächste Crowd-Kampagne auflegt.
Kommentare (5)
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Felix
sagt am 25. Oktober 2020
Andererseits ist Tomorrow ein Nachhaltiges Investment. Und mal ehrlich – ALLE Investments bieten ein gewisses Risiko. Zudem haben Banken eine recht hohe „Überlebenschance“.
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Felix
sagt am 25. Oktober 2020
Das ist auch mein Gedankengang gewesen. Ich mein es gibt zwar die MSCI Sustainabilty, aber die investieren halt auch mal in Werte, die nicht ganz geil sind. Und wenn man sich des Risikos eines Einzelinvestments bewusst ist und akzeptiert, dann find ich sowas, wie die Kampagne von Tomorrow echt klasse.
A
Aaron
sagt am 23. Oktober 2020
Danke für den Artikel. Es stimmt, dass es vielleicht nicht das lukrativste Investment ist. Dafür ist es aber zu 100% nachhaltig, anders als die von beschriebenen „nachhaltigen“ Investitionsmöglichkeiten (z.B. Den MSCI World sri etf, der Pepsi – einen der größten Müll und Plastik Produzenten der Welt – enthält). Ich fände es schön, wenn ihr das in Zukunft auch mit betrachtet. Sonst macht weiter so! Super content 🙂
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Peter
sagt am 23. Oktober 2020
Danke für den Artikel, sehr hilfreich 👍
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Izzy
sagt am 23. Oktober 2020
Danke für diese Übersicht! Was haltet ihr denn generell von der Crowdinvesting-Plattform Wiwin?
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