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Panik vor der Pleite: Wie sicher ist Guthaben bei Trade Republic?
Manche Veränderungen vollziehen sich mit der Wucht eines Vorschlaghammers, andere erfolgen eher leise, beinahe unbemerkt. Schaut man heute auf die Bankenwelt, hat sich in den vergangenen, sagen wir, zehn Jahren auf den ersten Blick nicht viel getan. Doch der Schein trügt. Ging man vor zehn Jahren ganz selbstverständlich zu einem der großen Banken-Kolosse, zur Sparkasse, zur Deutschen Bank oder zur Commerzbank, um ein Konto zu eröffnen oder Geld abzuheben, wimmelt es inzwischen nur so vor schlanken Apps, die einem denselben Service günstiger anbieten und obendrein satte Zinsen in Aussicht stellen. Das Berliner Fintech Trade Republic etwa wirbt momentan mit 3,75% auf das nicht-investierte Ersparte. Doch mit der Attraktivität der Angebote nimmt bei vielen Kundinnen und Kunden auch die Verunsicherung zu: Geht der Broker vertrauensvoll mit dem Vermögen seiner Kunden um? Schließlich werden die Guthaben inzwischen bei vier verschiedenen Partnerbanken geparkt, Teile fließen sogar in Geldmarktfonds. Wie gut ist Erspartes bei Trade Republic also wirklich aufgehoben?
Wertpapiere zählen als Sondervermögen
Man sollte zuallererst klären, um welches Geld es überhaupt geht. Kapital, das in Wertpapieren wie beispielsweise Aktien steckt, gilt als Sondervermögen. Weder eine Pleite des Depotanbieters noch die Insolvenz der verantwortlichen Investmentgesellschaft können dem Eigentümer der Wertpapiere etwas anhaben. Das Kapital wird „gesondert“ aufbewahrt, sodass ein Insolvenzverwalter im Pleitefall keinen Zugriff darauf hat. Für die Sicherheit des Kapitalvermögens ist es demnach unerheblich, ob der Broker ein Hochglanz-Anbieter ist oder nicht. Gerät er in Schieflage, können die Wertpapiere einfach zur Konkurrenz verfrachtet werden.
Bei welcher Bank das Ersparte liegt, entscheidet der Zufall
Anders sieht die Sache bei Geld aus, das noch nicht investiert wurde, aber schon beim Broker liegt, genauer gesagt: auf dem Verrechnungskonto. Das ist eine Art Hilfskonto, das bei Eröffnung des Depots automatisch mit eröffnet wird und über das die Ein- und Auszahlungen aufs Girokonto erfolgen. Möchte ein Anleger beispielsweise 50€ in einen ETF investieren, müssen diese 50€ zunächst auf das Verrechnungskonto überwiesen werden, das von einer Bank geführt wird. Erst von dort aus kann das Guthaben anschließend investiert werden. Das ist kein Trade-Republic-eigenes Konstrukt, sondern gilt für alle Broker. Speziell ist: Trade Republic arbeitet inzwischen mit ganzen vier verschiedenen Partnerbanken zusammen, die treuhänderisch die Kundeneinlagen verwahren: mit der Deutschen Bank, J.P. Morgan SE, der HSBC Continental Europe und der Citibank Europe. Bei welchem Institut das eigene Ersparte liegt, erfahren Nutzer über eine entsprechende BIC, die in der Broker-App vermerkt ist. Taucht dort beispielsweise der Code DEUTDEFFXXX auf, liegt das Geld bei der Deutschen Bank, die Buchstabenfolge CHASDEFXXXX steht dagegen für J.P. Morgan. Die Zuweisung geschieht automatisch und lässt sich nicht beeinflussen. Doch vor allem eines der vier Institute ist einigen deutschen Kunden ein Dorn im Auge. Dazu gleich mehr.
Pro Kunde und Bank sind 100.000€ geschützt
Für Erspartes auf dem Verrechnungskonto gilt die sogenannte Einlagensicherung. Banken in Deutschland, aber auch innerhalb der EU sind automatisch Mitglied in einem Einlagensicherungssystem, das im Pleitefall die Kunden entschädigen soll. Für die Kunden bedeutet das: Unabhängig davon, bei welcher Partnerbank das eigene Ersparte auf dem Verrechnungskonto liegt, ist es bis zu einer Höhe von 100.000€ pro Bank und pro Kunde geschützt. So sehen es die Gesetze vor.
Weil Trade Republic mit vier verschiedenen Partnerbanken zusammenarbeitet, würden im Fall einer Insolvenz unterschiedliche Entschädigungssysteme einspringen. Während bei der Deutschen Bank und J.P. Morgan die „Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH“ greift, gelten für die HSBC die französische und für die Citibank die irische Einlagensicherung. Das ist nicht weiter problematisch, schließlich sind sowohl Frankreich als auch Irland Mitglieder der EU. Auch Erspartes bei der HSBC und bei der Citibank ist dadurch bis zu einer Höhe von 100.000€ pro Kunde und Bank geschützt. Doch gerade letztere Verflechtung schürte in der deutschen Privatanleger-Community offenbar Misstrauen.
Jedenfalls traf Trade Republic vergangene Woche eine Entscheidung: „Die neue Infrastruktur ermöglicht es uns, Kunden flexibler zwischen den Partnerbanken
zuzuteilen“, erklärt ein Sprecher von Trade Republic. „Wir haben uns deshalb entschieden, Konten deutscher Kunden ab sofort nicht mehr bei der Citibank, sondern bei einer der anderen Partnerbanken zu führen“, erklärt er. Für Neukunden gelte das ab sofort, die Bestandskunden sollen in den kommenden Wochen nach Abschluss der laufenden IBAN-Einführung umverteilt werden. Man habe damit auf die Skepsis einiger Kunden reagiert, heißt es vom Broker. Doch nötig sei es eigentlich nicht gewesen. „Wir arbeiten gerade deswegen mit der Citibank zusammen, weil wir sie für besonders vertrauenswürdig halten.“
Risiko Citibank?
Mehrere Medienberichte und Verbraucherportale warnten in den vergangenen Wochen davor, hohe Guthaben über Trade Republic bei der Citibank zu verwahren. Doch aus welchem Grund? Die meisten Berichte verweisen auf die Bonität der Insel: Von der Ratingagentur Standard & Poor’s etwa erhielt Irland im Januar 2024 die Note AA und schneidet damit etwas schlechter ab als Deutschland (AAA).
Deutsche Kundengelder werden von Citibank abgezogen
Das Ausfallrisiko soll also daher rühren, dass Irland bei einer Pleite der Citibank wegen seiner schlechteren Zahlungsfähigkeit möglicherweise nicht einspringen könnte. Doch wie realistisch ist ein solches Szenario? Trade Republic hält die Lage für „unbedenklich“: Die Citibank sei eine der größten und dazu renommiertesten Banken der Welt, heißt es. „Sie hatte 2023 eine Bilanzsumme von über 2,4 Billionen US-Dollar und hat dabei einen Nettogewinn von 9,2 Milliarden US-Dollar erzielt. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass dem Institut etwas zustoßen sollte, wäre es also im Interesse der gesamten Eurozone, sie zu retten.“
Und in der Tat riskieren deutsche Kunden mit Ersparnissen auf einem irischen Konto im Grunde nicht mehr oder weniger als bei der Deutschen Bank. Höchstens der Aufwand dürfte höher ausfallen, sollte die Citibank tatsächlich einmal bankrottgehen, denn das würde bedeuten, zumindest mit den ausländischen Einrichtungen kommunizieren zu müssen. Doch betrifft diese Gefahr eben eher das Nervenkostüm der Kunden als ihren Geldbeutel.
Geld der Kunden liegt auf Treuhandsammelkonten
Andere Nutzer finden schon sonderbar, dass Trade Republic überhaupt mit vier Banken zusammenarbeitet und nicht – wie etwa Konkurrent Scalable Capital – mit lediglich einem Institut. Wozu braucht es derart viele Partner? Weil eine Bank schlichtweg nicht genug wäre, erklärt der Sprecher und verweist auf die mehr als 4 Mio. Kunden und die 35 Mrd.€, die Trade Republic inzwischen für seine Kunden verwaltet. „Das wäre für ein einziges Institut zu viel. Es ist für uns und unsere Kunden vorteilhaft, nicht nur einen Partner zu haben.“
Übrigens eröffnet Trade Republic nicht für jeden einzelnen der 4 Mio. Kunden ein separates Kundenkonto bei einem der Partner. Stattdessen wird das Geld über sogenannte Treuhandsammelkonten bei den Bankhäusern geparkt. Die Einlagen können dabei aber stets den Kunden zugeordnet werden, versichert Trade Republic. So bleibe der Einlagenschutz über 100.000€ Guthaben pro Partnerbank und Kunde erhalten.
Wie sicher ist das Girokonto?
Rein theoretisch könnte Trade Republic die Einlagen sogar selbst verwahren: Seit Ende 2023 besitzt der Broker eine Vollbanklizenz, darf seinen Kunden also dieselben Funktionen anbieten wie eine Commerzbank oder eine Sparkasse. Doch das Fintech will dafür lieber weiterhin die Dienste von Partnern beanspruchen und sich stattdessen auf andere Dinge konzentrieren: „Die Verwahrung von Kundenvermögen ist nicht unser Fokus. Wir wollen uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren, unsere App ausbauen und innovative Spar- und Bankprodukte entwickeln.“
Und von neuen Produkten konnte Trade Republic bislang tatsächlich nicht genug kriegen. Der jüngste Coup war eine eigene Bezahlkarte in Spiegeloptik, die sich rund eine Million Kunden besorgten. Und im Augenblick ist Trade Republic dabei, ein Girokonto mit allen gängigen Funktionen wie Echtzeitüberweisung und Gehaltseingang einzuführen, wofür der Broker neue IBANs an seine Kunden vergibt. Das Konto soll mit besagten 3,75% verzinst werden. Das Besondere ist: Die Obergrenze von bislang 50.000€ fällt weg, das heißt, die Zinsen werden auch auf höhere Summen gezahlt.
Drei Banken für ein Girokonto?
Geld, das auf dem Girokonto liegt, werde künftig nicht mehr nur bei einer, sondern bei mehreren Partnerbanken gelagert, sagt der Sprecher des Fintechs. So könnten zum Beispiel 50% bei der Deutschen Bank und 50% bei J.P. Morgan liegen.
Bei höheren Summen fließt ein Teil in Geldmarktfonds
Bei höheren Geldguthaben kann es passieren, dass zusätzlich ein Teil in Geldmarktfonds gestreut werde, erklärt Trade Republic. Kunden können in der App einsehen, bei welchen Instituten das eigene Kapital liegt. Diese Verteilung, sagt der Sprecher, ermögliche dem Broker einerseits, die Zins-Obergrenze von 50.000€ zu entfernen und Zinsen auf das gesamte Geldguthaben an die Kundschaft weiterzureichen. Andererseits würden die Einlagen „dadurch noch breiter gestreut“.
Höhere Vermögen auf Verrechnungskonten beziehungsweise Teile davon fließen bei Trade Republic außerdem in „qualifizierte“ Geldmarktfonds. Die wiederum investieren das Kapital in kurzfristig laufende und vergleichsweise sichere Finanzinstrumente wie Bareinlagen oder Staatsanleihen. Tatsächlich gilt das Ausfallrisiko als sehr gering, weswegen beispielsweise auch Pensionsfonds, Versicherungen und andere institutionelle Investoren regelmäßig Kundeneinlagen dort parken. Bei null liegt es jedoch nicht, immerhin werden Geldmarktfonds an der Börse gehandelt und unterliegen damit Kursschwankungen – wenn auch sehr geringen.
Doch was, wenn Trade Republic selbst in die Insolvenz rutscht? Dann gilt im Falle der Geldmarkt-Assets dasselbe wie für Aktien und ETFs: Sie zählen zum Sondervermögen, können also mehr oder weniger problemlos zu einem anderen Anbieter verschifft werden.
Vorsicht bei Zweitkonten
Eine wirkliche Gefahr ist Trade Republic im Grunde nur für jene Kunden, die gar nicht genau wissen, über welche Bank(en) ihr Erspartes verteilt ist und nebenbei weitere Vermögen auf Zweit- und Drittkonten geparkt haben. Möglicherweise sprengen sie damit die Grenzen der Einlagensicherung, ohne es zu merken.
Ein Beispiel: Madeleine hat 80.000€ auf einem Festgeldkonto der Deutschen Bank geparkt, weitere 50.000€ liegen auf dem Verrechnungskonto bei Trade Republic, das in ihrem Fall ebenfalls bei der Deutschen Bank liegt. 30.000€ der insgesamt 130.000€ könnten schlimmstenfalls verloren gehen, sollte die Deutsche Bank insolvent gehen, schließlich gilt: Es sind 100.000€ pro Kunde und pro Bankinstitut geschützt. Gleiches Risiko besteht, wenn Kapital über mehrere Broker gestreut wird, welche dieselben Partnerbanken nutzen. Wer beispielsweise über den nachhaltigen Bank-Dienstleister Tomorrow ein Depot eröffnet, landet bei der Baader Bank – jenem Institut, mit dem auch Scalable Capital kooperiert.
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