83% Inflation in der Türkei: Vom „Wirtschaftswunder“ zum Krisenstaat
Die Türkei als einer der Big Player auf dem Spielfeld der Weltwirtschaft: Recep Tayyip Erdoğan träumt nicht nur von dieser Vision, er proklamiert sie auch seit Jahren siegessicher gegenüber seinen Wählern. Spätestens im Sommer 2023, wenn sich die Gründung der modernen Türkei zum 100. Mal jährt, soll das Land nach seiner Vorstellung zu den zehn stärksten Volkswirtschaften der Welt gehören. Und noch nie war die Republik am Bosporus davon so weit entfernt wie heute.
83,45% Inflation vermeldete die türkische Statistikbehörde im September, unabhängige Wirtschaftsforscher gehen sogar von Teuerungsraten von über 180% aus. Gleichzeitig ist die Türkische Lira so schwach wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr: Um einen USD zu erhalten, müssen aktuell 18,60 TL auf den Tisch gelegt werden. Noch im Frühjahr 2021 lag der Wechselkurs bei 1:7. Importierenden Unternehmen, Konsumentinnen und Angestellten setzt das zu: Etwa 42% der türkischen Bevölkerung wird nach dem Mindestlohn bezahlt, derzeit sind das rund 5.500 Türkische Lira, umgerechnet 326€ und damit weit unter der Armutsgrenze: Der regierungsnahe Gewerkschaftsverband Türk-İş hat die für einen Single-Haushalt im Mai auf 19.602.14 TL beziffert, was 1.087€ entspricht.
Die Türkei steckt also in einer veritablen Hyperinflation, und das bereits seit Monaten. Eine Folge davon sind Entlassungen: Schon im ersten Quartal 2022 betrug die Arbeitslosenquote nach Angaben der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH (GTAI) 11,4%, unter den jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahren soll sogar nur jeder fünfte einer Beschäftigung nachgehen.
Krieg, Corona, Niedrigzinspolitik: Was führte zur Krise?
Der Krieg in der Ukraine wird aktuell gern als Grund für die Hyperinflation in der Türkei angeführt. Und in der Tat macht die Situation dem Land zu schaffen: Denn auch die Türkei lässt sich einen beachtlichen Teil ihrer Rohstoffe aus dem Kriegsgebiet liefern. Sei es Getreide aus der Ukraine oder Gas und Öl aus Russland. Dass gleichzeitig die Heimatwährung so schlecht dasteht wie seit 24 Jahren nicht, macht den Handel noch unwirtschaftlicher: Denn Rohstoffe werden in aller Regel in USD gehandelt. Dadurch zahlt die Türkei sozusagen nicht nur die real gestiegenen Preise, sondern auch noch die „Extrakosten“ für den schwachen Wechselkurs.
Inflationsrate lag schon 2021 bei über 20%
Dennoch ist die aktuelle Rohstoffkrise nicht Auslöser der Krise, sondern lediglich ein Brandbeschleuniger, der die Krise verschärft hat – wenn auch erheblich. Das Land litt bereits im Frühjahr 2021 unter Inflationsraten von an die 17%, zum Jahreswechsel hin wurde dann die 20%-Marke geknackt. Und schon im Januar 2021 stand die türkische Lira gegenüber anderen Währungen schlecht da. Eine türkische Lira entsprach schon damals gerade einmal 0,11€ – inzwischen sind es 0,06€.
Dass die Türkische Lira so billig ist wie noch nie, hängt mit der Inflation zusammen – und mit der Art und Weise, wie der Präsident mit ihr umgeht. Denn entgegen den volkswirtschaftlichen Lehrbüchern verfolgt das Land eine, sagen wir, unkonventionelle Wirtschaftspolitik. Statt den Leitzins zu erhöhen, um die Inflation einzudämmen, setzt die nationale Notenbank, über deren Personalpolitik der türkische Präsident inzwischen weitgehend die Hand hat, den Leitzins stetig herab. Im März 2021 lag er noch bei 19%, inzwischen beträgt er 12%. Denn „niedrige“ Zinsen, so der Gedanke dabei, sollen die Wirtschaft wieder ankurbeln. Indem Kredite günstiger werden, Unternehmen mehr investieren und entsprechend mehr Arbeitsstellen schaffen. Doch wird durch eine solche lockere Geldpolitik eben die ohnehin schon hohe Inflation zusätzlich befeuert.
Die Niedrigzinspolitik der Türkei belastet auch die Währung zusätzlich: Denn niedrigere Zinsen bedeuten, dass türkische Anleihen für Investoren an Attraktivität verlieren, die Währung dadurch weniger gehandelt wird und folglich an Wert verliert. Auch am Fremdwährungsmarkt wird sich nicht gerade um Währungen gerissen, die wegen einer Hyperinflation zunehmend an Wert zu verlieren drohen.
Mehr Importe als Exporte
Die türkische Regierung dagegen konzentriert sich auf einen Vorteil, den schwache Währungen tatsächlich mit sich bringen: steigende Exporte. Je weniger die Heimatwährung wert ist, desto lohnenswerter ist der Handel für ausländische Unternehmen. Sie bezahlen aufgrund der günstigen Wechselkurse schließlich „weniger“ für die importierten Waren und rein theoretisch kann das eine Wirtschaft tatsächlich beleben. Das Problem ist: Die Türkei ist alles andere als ein Exportweltmeister. Stattdessen importiert sie mehr, als sie an andere Länder liefert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts bezog das Land 2021 Waren aus dem Ausland im Wert von insgesamt 271,4 Mrd. USD, exportierte aber nur Güter im Wert von 225,3 Mrd. USD. Und so leidet die Türkei vorwiegend unter den Folgen einer schwachen Währung – beispielsweise darunter, dass sich Importwaren durch den schlechten Wechselkurs verteuert haben.
Erdoğan und sein „Wirtschaftswunder“ Anfang der 2000er
Ein gänzlich neues Phänomen sind hohe Inflationsraten in der Türkei nicht. Meldungen von Teuerungsraten zwischen 7 und 8% pro Jahr waren in den vergangenen 40 Jahren stets fabelhafte Nachrichten. In den 1980er-Jahren etwa hatte die Inflation auch mal über 100% in einem Jahr betragen. Ausgerechnet der Regierung unter Recep Tayyip Erdoğan sollte es gelingen, die hohen Inflationsraten einzustampfen. Schon wenige Jahre nach dem Wahlsieg seiner Partei AKP im Jahr 2002 sprachen Medien von einem „Wirtschaftswunder“, feierten den damaligen Ministerpräsidenten als Reformer und Modernisierer und die Türkei als boomendes Schwellenland neben Staaten wie China und Brasilien. Heute ist nicht viel geblieben von den goldenen 2000ern. Stattdessen befindet sich die Türkei seit rund zehn Jahren in einer Abwärtsspirale. Doch von vorn.
Um die Jahrtausendwende ist die Republik am Bosporus gezeichnet von etlichen Regierungswechseln, politischer Instabilität, wenig Wirtschaftswachstum und hoher Erwerbslosigkeit. 2001 erlebt sie die schwerste Wirtschaftskrise nach Ende des Zweiten Weltkriegs – und erhält Milliardenkredite vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Zum Vorteil der Türkei sind die geknüpft an ein umfassendes Reformprogramm - und so hält sich die Türkei unter Erdoğans AKP-Regierung jahrelang an eine strikte Geldpolitik, spart an allen Ecken und Enden, baut Schulden ab und privatisiert Staatskonzerne. Die Inflation sinkt bis 2004 auf ein für türkische Verhältnisse komfortables Niveau von um die 8% Teuerung pro Jahr, die Wirtschaft floriert und wächst kräftig. Zwischen 2002 und 2008 steigt das jährliche Bruttoinlandsprodukt von 240 Mrd. Euro auf mehr als 770 Mrd. Euro. Und so gerät das Land auch immer mehr in den Blick ausländischer Unternehmen und Investoren. Die versprechen sich Anfang der 2000er viel von den Wachstumsraten des „Emerging Market“ - und stecken ihr Geld unter anderem in die Türkische Republik. Die Weltwirtschaftskrise 2008/09 trifft zwar auch die Türkei hart und bremst das Wirtschaftswachstum. Allerdings nur temporär, denn die Türkei kann sich, verglichen mit anderen Ländern, relativ schnell von der Krise erholen. Etwa zeitgleich mit der Finanzkrise lockert das Land das Kreditgeschäft: Unternehmen können sich fortan leichter in fremder Währung verschulden - und tun das vielfach auch, um sich die günstigen Kredite aus dem Ausland zu sichern.
500 Mrd. USD Fremdwährungsschulden
Gleichzeitig stecken mehr und mehr ausländische Investoren ihr Geld in türkische Staatsanleihen, um von den dortigen Zinsen zu profitieren. Und bis etwa 2013 bereitet das Schuldenmodell dem Land auch scheinbar keine Probleme. Bis sich unter den Investoren zunehmend Skepsis breit macht, verunsichernde Korruptionsskandale ans Licht kommen und das Ausland allmählich das Vertrauen in die Regierung verliert. Die Zuflüsse aus dem Ausland ebben ab und mit ihnen die Stärke der türkischen Lira - was es den türkischen Unternehmen immer schwerer macht, die Verbindlichkeiten im Ausland zu begleichen. Spannungen mit den USA im Sommer 2018 verschärfen die Lage, lassen die Lira noch weiter absacken, verteuern damit die Importe und erhöhen die Schulden - und lassen die Inflation wieder über die 20%-Marke springen. Doch statt die Teuerung wirksam zu bekämpfen, bleibt die Regierung bei ihrem Kurs, weitet das Kreditgeschäft weiter aus und investiert. Auch, so vermuten Wirtschaftsforscher damals, um an der Macht zu bleiben. „Diese von politischem Wahlkalkül getriebene Konjunkturpolitik auf Pump und auf Kosten der Zukunft rächt sich nun“, bilanziert etwa das IW in einer Analyse von 2018. „Denn mit der privaten Verschuldung wuchs auch die Auslandsverschuldung von Banken und nicht-finanziellen Unternehmen deutlich“. Bis 2021 häuft die Türkei so Fremdwährungsschulden von mehr als 500 Mrd. USD an.
Ein weiterer Rückschlag für die türkische Wirtschaft ist das Jahr 2020: Mit Beginn der Coronakrise brechen die Touristenbuchungen weg und damit eines der wichtigsten Standbeine der türkischen Wirtschaft. Rund zwei Jahre später überfällt Russland die Ukraine und stürzt sowohl Industrie- als auch Schwellenländer in eine Energiekrise. Womit wir im Jahr 2022 wären und bei einer Inflationsrate von 83%, mit der die AKP unter Erdoğan in ihrer fast 20-jährigen Regierungszeit traurige Geschichte schreibt. Was Staaten wie die Türkei momentan zusätzlich belastet, sind die Zinserhöhungen westlicher Notenbanken als Reaktion auf die Inflation. Denn steigende Zinsen im eigenen Land locken viele Investoren wieder in heimische Anlagemöglichkeiten - und raus aus spekulativen Investments wie türkischen Staatsanleihen, die bisher vielen als Alternative dienten.
Unabhängige Forscher gehen von mehr als 180% Inflation aus
Doch die Realität könnte noch niederschmetternder sein, als von der türkischen Statistikbehörde beziffert. Das legen zumindest inoffizielle Zahlen wie die der Turkey Inflation Research Group nahe, kurz ENAG. Die Inflationsforscher hinter der unabhängigen Institution schätzten die Inflation in der Türkei Anfang Oktober sogar auf 186,27% im Vergleich zum Vorjahresmonat.
Wie ist das möglich? Kurz gesagt, weil sich die Inflation in einem Land auf unterschiedliche Weise berechnen lässt. Basis ist stets ein Warenkorb aus verschiedenen Produkten und Dienstleistungen, deren Preise über einen Zeitraum beobachtet werden. Je nachdem, welche Güter hier einbezogen und wie gewichtet werden, können die Ergebnisse am Ende merklich abweichen. Während etwa die türkische Statistikbehörde zuletzt eine monatliche Preissteigerung von 3,08% vermeldet hatte, kamen die unabhängigen Forscher auf 5,3%. Gegenüber den Medien sagten die Forscher, dass lediglich im Sektor Verkehr die Preissteigerung leicht zurückgegangen sei, während in anderen Branchen - wie etwa dem Gesundheitssektor - die Preise um durchschnittlich 26,05% binnen eines Monats gestiegen seien. Bei Wohnungsmieten errechnete das Institut 8,6% Preissteigerung, bei Kleidung und Schuhen 7,8%.
Leidtragende sind die Bürgerinnen und Bürger
Mit Blick in den Rückspiegel scheint eine Inflationsrate von über 80% in der Türkei erst einmal nicht ungewöhnlich. Im Gegenteil, die Preise sind ja in den vergangenen 50 Jahren sogar schon mal heftiger in einem Jahr gestiegen. Doch darf nicht unterschätzt werden, was Teuerungsraten auf diesem Niveau für eine Bevölkerung bedeuten.
Denn die Leidtragenden dieser Entwicklung sitzen nicht im Parlament in Ankara. Es sind die knapp 83 Mio. Einwohner der Türkei, die Angestellten und Selbstständigen, die Familien und Studenten, die an der seit Jahren andauernden Wirtschaftskrise zunehmend verzweifeln. Westliche Medien berichten in Reportagen von Gastronomen, die sagenhafte Verluste schreiben, weil sie sich nicht trauen, die Preise zu erhöhen. Von Unternehmen, die scharenweise Mitarbeiter entlassen und von Mittelschichtbürgern, die sich in die Schlangen der Suppenküchen einreihen. Schon seit dem Herbst 2021 protestieren immer wieder Studenten gegen steigende Mietpreise, fehlende Wohnheimplätze und unerschwingliche Lebenshaltungskosten. Einige von ihnen haben die Initiative „Wir können nicht überleben“ gegründet. Ein „Sprachrohr für die vielen Menschen, die in der gleichen Klemme stecken“, berichtet damals die kurdische Nachrichtenagentur ANF mit Hauptsitz in Amsterdam.
Türkische Regierung verliert an Vertrauen
Verantwortlich für die Zustände in der Türkei ist die Wirtschaftspolitik der Regierung, die zum größten Teil auf einen Präsidenten zurückgeht, der die einst boomende Wirtschaftsrepublik mehr und mehr in eine konservative Autokratie verwandelt. Doch das könnte der Regierung nun zum Verhängnis werden. Nächstes Jahr, wenn die moderne Türkei 100 Jahre alt wird, will sich Präsident Recep Tayyip Erdoğan wiederwählen lassen. Und zum ersten Mal zweifeln Beobachter so richtig daran, dass ihm das gelingen könnte. Das Beratungsunternehmen „Mak Danismanlik“ etwa meint, die AKP komme bei aktuellen Umfragen nur auf 25 bis 27% der Stimmen. Und das würde längst nicht ausreichen für eine weitere Amtszeit Erdoğans.
Kommentare (8)
S
Stephan Kraus
sagt am 03. März 2023
Hallo, könntet Ihr vielleicht auch einige bzw. die besten Lösungswege nennen, um die Inflation zu stoppen? Was könnte die Regierung unternehmen, um die Inflation zu stoppen? Liebe Grüße.
A
Anonym
sagt am 18. November 2022
50%.... im Monat!!! Nicht im Jahr!!! Auf das Jahr hochgerechnet sind das ca. 13.000%. Die Türkei liegt bei ca. 85% Soll ich dir jetzt noch Prozentrechnen, Zinseszins und Inflationswerte erklären? Copy Paste von Google-infos machen dich nicht schlauer. Genau da liegt das Problem bei deinesgleichen. Von was für einem Präsidenten sprichst Du? Bist Du wirr? Wo stand da etwas von einem Präsidenten? Und ja....ich bin "ökonomisch gebildet". Zumindest nennt mich mein Titel Ökonom. Man muss jedoch kein Ökonom sein um nicht so einen Quatsch wie Du zu schreiben oder in diesem Artikel. @Finanzfluss Eine interessante Klientel die ihr da habt. Passt zu eurem Artikel. Die mögen bunte Bilder. Der Inhalt ist irrelevant.
A
Anonym
sagt am 17. November 2022
Also an den Anonym vor mir, wenn du von Politisierung redest, aber selber nur „deinen Präsidenten“ verteidigen willst, dann macht dein Kommentar keinen Sinn. Wenn du so wirtschaftlich gebildet bist wo kommen die 13000% her? Gängige Lehrbücher und Journals sprechen von 40-50% bei Hyperinflation. Ich finde den Artikel sehr sinnvoll verargumentiert. Wer immer noch hinter diesem Mann und seiner Politik steht, soll sich bitte die Gurken von den Augen nehmen. Ülkeyi Araplara satı halen adamın sırtını tutuyorlar.
A
Anonym
sagt am 17. November 2022
Ich weiß nicht woher ihr eure Recherchen habt, aber es scheint mir nicht als ob ein (guter) Ökonom daran mitgewirkt hat. Es sind nämlich einige gravierende Fehler und Fehldeutungen in eurem Bericht. Mir scheint es auch, als ob ihr zu euren "Recherchen" eher zu bestehenden Artikeln von Magazinen, Zeitungen oder Stiftungen gegriffen habt. Das wird deutlich an eurer Wortwahl und "Deutung". Das Problem ist, wenn ihr vorgekaute Artikel recycelt, dass ihr damit die politisierte Ansicht mit übernehmt. Denn eines muss man sagen, die deutschsprachigen Berichterstattungen zur türkischen Wirtschaft sind alles andere als neutral und dadurch werden eben Resultate verfälscht. 1. Ihr spricht hier mehrfach von "Hyperinflation". Mit Verlaub. Das ist B.S. 🐃💩 85% sind eine hohe Inflation. Eine hohe Inflation ist aber nicht gleichzusetzen mit einer "Hyperinflation", die eine Inflationsrate von 13.000% voraus setzt. Dieser Fehler passiert wenn man als Nichtökonom Medienartikel recyclet. Die Medienartikel selber aber darauf abzielen alles was irgendwie Türkisch ist, schlecht zu reden und der Türkei das Hyperinflationsimmage anzuhängen. Davon ist die Türkei jedoch 12.915%-Punkte entfernt. Und ihr hängt noch den Begriff "veritabel" hinzu? Dann belegt doch bitte eure Aussage. Ich bin gespannt. 2. Die Zinssenkungen. Ja. Inflation hoch > Zins auch hoch Inflation unten > Zins auch runter Das ist eine Pi-Mal-Daumen-Stammtischweißheit, die man grob zwar nehmen kann, aber kein Allheilmittel ist und sich nicht in jeder Ökonomie gleich auswirkt. Zudem kommt es auf den Ausgangswert an und den bisherigen Verlauf. Sollte das stimmen, dann erklärt doch mal bitte, warum vor einigen Jahren der Leitzins auf fast einem Schlag von 8% auf 24% verdreifacht wurde, anstatt in halben oder einzelnen Prozentschritten, und die İnflation trotzdem nicht gesunken ist. Dasselbe 2 Jahre Später. Medial werden die vorgenommenen Zinssenkungen um 1% diskutiert, was ja ok und berechtigt ist aber nicht die Zinsanhebung um 16% Punkte? Auch das passiert, wenn mal lediglich Artikel recyclet. Eine Inflation ist schlecht für den Konsum. Aber eine zu hohe Zinslast kann den Todesstoß für eine gesamte Wirtschaft bedeuten. Was bedeutet: □keine bis sehr geringe Investitionen im privaten und öffentlichen Sektor □keine bis geringe Neugründungen von Unternehmen □verlangsamte Innovation □Verlust von Konkurrenzfähigkeit □Aufschub von Neuanstellungen und Neuanschaffungen □Verschlechterung der Infrastruktur Man kommt mit einer zu hohen Zinslast langsam aber sicher ins Mittelalter. Zudem gibt es in der Türkei, in der Wohneigentum populär ist und Automobilpreise relativ hoch sind, eine relativ hohe private Verschuldungsquote. Langfristig bedeutet eben eine viel zu hohe Zinslast eben auch die Zahlungsunfähigkeit. Wie sagte Lagarde zur gefordeten Zinsanhebung um ein oder zwei Basispunkte zur Bekämpfung der Inflation: "Lieber bezahlen wir mehr für den Lebensunterhalt als gar keine Jobs mehr zu haben." Jeder, der in Deutschland derzeit ein Hausfinanziert und mit der dritten Stelle hinterm Komma rechnet, kann ja mal ausrechnen, was ein Leitzins von 24% für ihn bedeuten würde. 3. Der Warenkorb. Wie vorhin erwähnt, wird beim Thema Türkei leider alles politisiert. Die Zeitungsartikel die ihr hier copy paste vorgelegt habt kenne ich auch nur zu gut. Das subjektive Inflationsempfinden der Menschen war/ist immer höher. Und jeder Mensch hat seine eigene persönliche Inflation die höher sein kann, als offiziell ausgegeben. Das witzige ist, dass IHR von Finanzfluss selber das auch so erklärt habt als es um die deutsche Inflation ging. Aber im Falle der Türkei ist alles erlogen und die Inflation liegt bei 180%? Einen ähnlichen Vorwurf gab es bereits vor einigen Jahren, dass die Türkei ihren Warenkorb manipuliert hätte um die Inflation optisch besser darzustellen. Nach Prüfung war schnell klar. Ja, sie hatten ihre statistische Methodik geändert. Undzwar hatte die Türkei ihre methodischen Grundlagen auf die der EU angepasst. Dann sind also unsere Inflationsmethodiken und Zahlen auch falsch? Bei aller Liebe. Aber dieser Beitrag war wirklich ein Desaster. Da hätte ich mich auch gleich ans Bahnhofskiosk begeben können. Man könnte ja meinen, dass es einnpaar Fauxpas waren. Wenn nicht am Ende eure "Systemtreue" gelobt hättet, dass bei uns alles neutral, ehrlich und professionell wäre (als überlegene Übermenschen?). Das glaubt ihr doch selber nicht.
D
DerFinanznomade
sagt am 29. Oktober 2022
Wir waren erst im September für drei Wochen vor Ort im Urlaub. Das Hotel war sehr gut, trotzdem günstig. Die lokalen Händler umgehen das Problem mit der Lira einfach so, indem sie sich in Euro bezahlen lassen. Eine pfiffige Lösung… Wer mehr über den Urlaub erfahren möchte, kann das auf meinem Blog tun. Grüße, DerFinanznomade
A
Anonym
sagt am 16. Oktober 2022
Erstaunlich wie gut dann der iShares MSCI Turkey gerade läuft. Laufendes Jahr: +50%
A
Ada
sagt am 14. Oktober 2022
Sehr gute Zusammenfassung der Dinge, vielen Dank! Ich hoffe, dass dem Land in den kommenden Jahren besser gehen wird als „Ära Erdogan“, denn die Türkei ist ein wichtiges Land für Europa, vor allem die Stabilität Europas.
C
Christoph
sagt am 14. Oktober 2022
"Und zum ersten Mal zweifeln Beobachter so richtig daran, dass ihm das misslingen könnte." Zweifeln, dass es misslingen könnte... Also geht man davon aus das er wiedergewählt wird ;-)
Kommentar schreiben