Investieren in Europa mit ETFs
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- Die meisten weltweiten Aktienindizes gewichten Regionen und Einzelwerte nach Marktkapitalisierung.
- Die Marktkapitalisierung bildet jedoch nicht die gesamte Weltwirtschaft ab, sondern repräsentiert nur die Werte von börsengehandelten Aktien.
- Die USA machen an der weltweiten Marktkapitalisierung deutlich mehr als die Hälfte aus. Daher ist die Gewichtung von US-Aktien in weltweiten Aktienindizes vergleichsweise hoch.
- Europäische Aktien hingegen haben einen kleineren Anteil an der weltweiten Marktkapitalisierung, aber Europa hat eine ähnlich hohe Wirtschaftsleistung, wie die USA.
- Um dein Weltportfolio regional besser zu diversifizieren, kann es sinnvoll sein, den Anteil europäischer Aktien zu erhöhen und sich mehr an der Wirtschaftsleistung zu orientieren.
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- Um die regionale Verteilung deines ETF-Portfolios besser zu verstehen, kannst du im Factsheet des jeweiligen ETFs nachschauen, welche Regionen wie viel Gewicht einnehmen.
- Um künftig mehr europäische Aktien in deinem Portfolio abzubilden, kannst du einen ETF auf einen europäischen Aktienindex in dein Portfolio aufnehmen.
- Bevor du dich für einen ETF entscheidest, kannst du verschiedene europäische Aktienindizes miteinander vergleichen, zum Beispiel den Stoxx Europe 600, den MSCI Europe und den Euro Stoxx 50. Mehr zu den Indizes im Artikel.
- Anschließend suchst du dir den passenden ETF zu diesem Index aus.
Die starke Gewichtung der USA in Weltportfolios
Schauen wir uns die Ländergewichtung im MSCI World an, liegt der Anteil an Aktien aus den USA im Frühjahr 2021 bei rund 67%, also zwei Dritteln. Der MSCI World bildet etwa 85% der Marktkapitalisierung von 23 Industrieländern ab. Ein noch umfassenderes Bild zeigt sich bei der regionalen Verteilung des FTSE All-World Index, der nach eigenen Angaben 90 bis 95% der weltweiten Marktkapitalisierung abdeckt.
Regionale Gewichtung des FTSE All-World Index
Quelle: FTSE Russell, 04/21
Hier fällt Europa gerade einmal mit 17% ins Gewicht, während die USA wiederum mit 59% deutlich mehr als die Hälfte ausmachen.
Um zu verstehen, wie dieser “USA-Überschuss” zustande kommt, muss man sich anschauen, nach welchen Regeln ein Index zusammengesetzt wird. Beim MSCI World wird als erstes die Marktkapitalisierung aller Börsenwerte von 23 Industrieländern betrachtet. Die Länder mit der höchsten Marktkapitalisierung werden entsprechend höher gewichtet. Anschließend wird der Länderanteil des Indexes mit den 85% der größten Börsenwerte des Landes gefüllt. Da die USA etwa zwei Drittel der Marktkapitalisierung der Industrieländer ausmachen, entspricht das also auch der Gewichtung im Index. Beim FTSE All-World wird nach einem ähnlichen Prinzip vorgegangen. Da hier nicht nur Industrieländer, sondern die gesamte weltweite Marktkapitalisierung betrachtet wird, haben die USA etwas weniger Gewicht.
Möchtest du dich noch genauer über den MSCI World und die Methode, wie dieser zusammengesetzt wird, informieren? Wir haben dir dafür einen Ratgeber geschrieben.
Die Berechnung der annualisierten Durchschnittsperformance basiert auf den iShares Core MSCI World UCITS ETF und schließt eventuelle Ausschüttungen mit ein.
Wie kann ein Portfolio gewichtet werden?
Gewichtung nach Marktkapitalisierung
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Ein Portfolio nach Marktkapitalisierung zu gewichten, hat den Vorteil, dass dieses die Kursentwicklungen der zugrundeliegenden Werte repräsentiert. Gibt es beispielsweise in ganz Europa einen Kurseinbruch von durchschnittlich 50% und sind europäische Aktien in diesem Index zu 25% gewichtet, würde das Portfolio um 12,5% an Wert verlieren.
Die wirtschaftliche Stärke eines Landes über die Marktkapitalisierung zu ermitteln, hat aber auch einen entscheidenden Nachteil, denn nicht alle Unternehmen eines Landes sind börsennotiert.
Gewichtung nach dem Bruttoinlandsprodukt (BIP)
Eine andere Möglichkeit ein Weltportfolio aufzubauen wäre, die Gewichtung auf Basis des Bruttoinlandsproduktes eines Landes vorzunehmen. Schauen wir uns das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland an und vergleichen es mit der gesamten deutschen Marktkapitalisierung, macht die Marktkapitalisierung im Jahr 2020 ca. 56% des BIP aus, sprich: das BIP ist fast doppelt so hoch wie die Marktkapitalisierung. In den USA hingegen entspricht sie 150%. Dass die Marktkapitalisierung der Unternehmen in den USA höher ist als das BIP, liegt daran, dass in den USA besonders viele Unternehmen ansässig sind, die ihren Gewinn zu einem großen Teil im Ausland erwirtschaften.
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Gewichtung nach anderen Kriterien
Eine besonders simple Gewichtung ist die Gleichgewichtung. Alle Länder oder alle Aktien eines Portfolios werden dabei gleich stark gewichtet, unabhängig von der Marktkapitalisierung. Dadurch würde man kleineren Ländern bzw. kleineren Unternehmen genauso viel Raum geben wie größeren, was eine höhere Rendite zur Folge haben kann. Hier sollte berücksichtigt werden, dass eine solche Gewichtung auch zu einer höheren Volatilität führen kann, denn kleine Unternehmen sind häufig weniger resilient gegen Krisen und andere Einflüsse, als große.
Eine weitere aber seltener angewandte Methode ist die Gewichtung nach Gewinnen oder nach dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Das KGV errechnet man, indem man den Aktienkurs durch den Gewinn pro Aktie teilt. Angenommen, der Gewinn eines Unternehmens steigt, während sich diese Entwicklung nicht im Aktienkurs abbildet, sinkt das KGV. Andersherum bedeutet ein steigendes KGV, dass die Gewinne eines Unternehmens sinken, während der Aktienkurs weiterhin hoch bleibt oder steigt.
Was spricht für ein Investment in Europa?
Um ein möglichst marktneutrales Weltportfolio zu bilden, ist die Gewichtung nach Marktkapitalisierung grundsätzlich sinnvoll. Mit einem Anteil von mehr als zwei Dritteln bei den Industrieländern, leidet durch das starke Gewicht der USA jedoch die regionale Vielfalt des Portfolios.
Betrachtet man die weltweite Verteilung des Bruttoinlandsproduktes der Industrieländer, liegt es nahe, europäische Länder und damit den zweitgrößten Aktienmarkt der Welt im Portfolio stärker zu gewichten. Nimmt man dazu einen weiteren ETF ins Portfolio auf, führt das außerdem zu einer größeren Diversifizierung, da dadurch noch einmal deutlich mehr Aktien abgebildet werden. Das Währungsrisiko, welches in einem Weltportfolio durch die Vielzahl an unterschiedlichen Währungen natürlich immer präsent ist, wird auch durch die Aufnahme von mehr Aktien aus dem eigenen Heimatmarkt reduziert.
Ein bisschen mehr Home-Bias wagen, ist in diesem Falle also durchaus sinnvoll.
Wie viel Europa sollte in mein Portfolio?
Nun ist es natürlich nicht sinnvoll, einfach aus dem Bauch heraus einen Index, der europäische Aktien abbildet, ins Portfolio aufzunehmen. Wir sollten uns Gedanken machen, welche Gewichtung hier sinnvoll ist und uns anschließend für einen Index entscheiden.
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- Europa geografisch: Die EU plus Norwegen, Großbritannien und die Schweiz
- Europäische Union: Die 27 Mitgliedsstaaten der EU
- Eurozone: Die 19 Staaten der EU, die den Euro als Währung führen
Wir betrachten der Einfachheit halber zunächst nur die Industrieländer. Von den 23 Industrieländern im MSCI World sind 15 Länder europäisch. Diese fallen dort mit einem Anteil von unter 20% ins Gewicht. Betrachtet man die Bruttoinlandsprodukte dieser Länder, müssten die 15 europäischen Länder einen doppelt so großen Anteil am MSCI World besitzen, nämlich knapp 40%. Ein sinnvoller Anteil europäischer Aktien liegt also zwischen 20 und 40% der Industrieländer. Wo genau, bleibt Geschmackssache.
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Wie würde sich der europäische Anteil verschieben, wenn das Portfolio nicht mehr zu 100% aus dem MSCI World, sondern zu 25% aus dem MSCI Europe und zu 75% aus dem MSCI World bestehen würde? Die untenstehende Grafik zeigt, dass dieser Anteil dann beinahe dem nach BIP gewichteten Anteil entspricht.
Gewichtung europäischer Länder an...
Quelle: MSCI, IWF, eigene Berechnungen
Aus “70:30” wird “50:30:20”
Betrachten wir nun wieder das Weltportfolio, in dem auch Schwellenländer enthalten sind. Das klassische Weltportfolio besteht aus zwei ETFs: Zu 70% aus einem ETF, der Aktien aus Industrieländern abbildet und zu 30% aus seinem Pendant mit Schwellenländern. Diese “70:30”-Regel ist bei vielen passiven Investoren fest verankert. Zu beachten ist, dass bei diesem Portfolio Schwellenländer übergewichtet sind, um beispielsweise aufgrund des politischen Risikos ein wenig mehr Rendite zu erhalten (Political Risk Factor).
Um dir gleich vorweg eine Sorge zu nehmen: Die “70:30”-Regel wird auch in Zukunft weiterhin eine gute Lösung sein. Um mehr Europa beizumischen, müssen wir nur die “70%”, also den Anteil der Industrieländer am Portfolio, ein wenig differenzieren. Denn das ist der Teil, an dem die USA stark überrepräsentiert sind.
Wenn wir die 70% am Gesamtportfolio in 25% Europa und 75% “Welt” aufteilen, ergibt sich daraus die folgende Verteilung:
70:30-Portfolio inklusive Europa
Ein ETF auf einen Europäischen Index nimmt künftig in diesem Portfolio 17,5% ein, der ETF auf den bisherigen Welt-Index fällt zu 52,5% ins Gewicht, und die Schwellenländer bleiben bei einem Anteil von 30%. Diese Werte können wir auf- bzw. abrunden, um daraus wieder eine griffige Regel zu machen:
Aus der “70:30”-Regel wird also die “50:30:20”-Regel: 50% Industrieländer, 30% Schwellenländer und 20% Europa.
Welcher europäische Index ist der beste?
Für den europäischen Markt gibt es im Wesentlichen fünf Indizes, die wir hier miteinander vergleichen.
MSCI Europe
Der MSCI Europe ist ein Sub-Index des MSCI World und beinhaltet Aktien von großen und mittleren Unternehmen (Large- und Mid-Caps) aus den 15 europäischen Ländern des MSCI World. Wie beim MSCI World sind auch hier immer die nach Marktkapitalisierung größten 85% aller Aktien eines jeweiligen Landes enthalten. Der Index besteht aus 434 Werten (Stand: April 2021) und beschränkt sich nicht nur auf EU- oder Euro-Länder, sondern auf Europa im geografischen Sinne. Außerhalb der EU sind im MSCI Europe Norwegen, die Schweiz und das Vereinigte Königreich enthalten.
Stoxx Europe 600
Der Stoxx Europe 600 enthält die nach Marktkapitalisierung 600 größten Aktien aus 17 europäischen Ländern, während die Gewichtung der einzelnen Werte auf 10% gedeckelt ist. Im Gegensatz zum MSCI Europe werden nicht zusätzlich die enthaltenen Länder nach Marktkapitalisierung gewichtet, sondern mit 600 europäischen Aktien wird eine insgesamt europäische repräsentative Stichprobe abgebildet. Neben den Ländern, die im MSCI Europe vertreten sind, gehören zum Stoxx Europe 600 auch Polen und Luxemburg.
Stoxx Europe 50
Der kleine Bruder des Stoxx Europe 600 ist der Stoxx Europe 50. Der Index wird nach der gleichen Methodik zusammengesetzt, wie sein großer Bruder, allerdings sind hier nur die nach Marktkapitalisierung 50 größten europäischen Aktien gelistet.
Euro Stoxx 50
Ähnlich wie der Stoxx Europe 600 ist der Euro Stoxx 50 aufgebaut. Dieser beschränkt sich allerdings auf die Länder der Eurozone und enthält daraus nur die 50 größten Aktien. Diese verteilen sich derzeit auf acht Länder. Damit ist der Euro Stoxx 50 deutlich weniger breit aufgestellt, als die anderen beiden Indizes. Der Euro Stoxx 50 wird als führendes Börsenbarometer der Eurozone angesehen.
MSCI EMU
Der MSCI EMU ist wiederum ein Sub-Index des MSCI Europe. Dieser ist genauso aufgebaut, wie der MSCI Europe, beschränkt sich aber nur auf Länder der Eurozone.
Die europäischen Indizes im Vergleich
Index | Anzahl enthaltener Werte | Anzahl der Länder | Annualisierte Performance 2016-2021 | Annualisierte Volatilität 2016-2021 |
---|---|---|---|---|
Stoxx Europe 600 | 600 | 17 | 8,6% | 16,8% |
MSCI Europe | 434 | 15 | 4,67% | 14,2% |
Stoxx Europe 50 | 50 | 9 | 7,5% | 16,5% |
Euro Stoxx 50 | 50 | 8 | 9,3% | 19,2% |
Die obige Tabelle zeigt die Jahresrenditen der Indizes der letzten fünf Jahre. Auffällig sind die hohe Performances des Euro Stoxx 50 sowie die geringe Performance des MSCI Europe. Wer nun den Euro Stoxx 50 gleich zum Favoriten auserkoren möchte, sollte jedoch auch einen Blick auf die Volatilitäten werfen. Hier fällt beim Euro Stoxx 50 neben der hohen Rendite auch ein - im Vergleich zu den anderen - deutlich gesteigertes Risiko auf. Eine nur leicht geringere Performance bei einer ebenfalls geringeren Volatilität zeigt der Stoxx Europe 600, während sein kleiner Bruder, der Stoxx Europe 50 etwas schlechter rentiert, bei gleichem Risiko.
Viele Favorisieren den Euro Stoxx 50 wegen seines Bekanntheitsgrades. Der Stoxx Europe 600 ist ihm allerdings aus zwei Gründen überlegen: Betrachten wir in der Tabelle die Anzahl der im Index enthaltenen Werte, ist erkennbar, dass der Stoxx Europe 600 sehr viel breiter diversifiziert ist, als die anderen beiden Indizes. Auch war die Volatilität in den vergangen Jahren folglich niedriger. Der Stoxx Europe 600 ist also ein echter Geheimtipp, der sich sehr gut eignet, dein Portfolio stärker auf Europa zu fokussieren. Im Sommer 2021 gab es auf den Stoxx Europe 600 eine Auswahl von neun ETFs, von denen drei eine Fondsgröße von über einer Milliarde Euro haben und deren Gesamtkostenquote (TER) zwischen 0,07 und 0,2% liegt.
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In der folgenden Tabelle haben wir die im April 2021 jeweils größten zehn Aktien in den jeweiligen Indizes aufgelistet (in Klammern jeweils die Gewichtung am Index):
Top 10 Positionen der jeweiligen europäischen Indizes. In Klammern die Gewichtung der jeweiligen Aktie am Gesamtindex
Euro Stoxx 50 | Stoxx Europe 50 | MSCI Europe | Stoxx Europe 600 | MSCI EMU | |
---|---|---|---|---|---|
1 | ASML (7,78%) | Nestle (6,90%) | Nestle (3,22%) | Nestle (2,97%) | ASML (4,87%) |
2 | LVMH (5,69%) | ASML (5,48%) | ASML (2,60%) | ASML (2,36%) | LVMH (3,84%) |
3 | SAP (4,37%) | Roche (4,60%) | Roche (2,15%) | Roche (1,98%) | SAP (2,52%) |
4 | Linde (4,26%) | Novartis (4,23%) | LVMH (1,96%) | Novartis (1,82%) | Siemens (2,15%) |
5 | Siemens (3,56%) | LVMH (4,01%) | Novartis (1,78%) | LVMH (1,73%) | Sanofi (2,09%) |
6 | Sanofi (3,41%) | Unilever (3,09%) | Unilever (1,44%) | Unilever (1,33%) | Total (2,01%) |
7 | Total (3,32%) | SAP (3,08%) | SAP (1,38%) | SAP (1,33%) | L'Oreal (1,97%) |
8 | Allianz (3,06%) | Linde (3,00%) | Astrazeneca (1,31%) | Linde (1,29%) | Allianz (1,89%) |
9 | L’Oreal (2,86%) | Astrazeneca (2,81%) | Siemens (1,20%) | Astrazeneca (1,21%) | Schneider Electric (1,48%) |
10 | Schneider Electric (2,59%) | HSBC (2,60%) | HSBC (1,20%) | HSBC (1,12%) | Air Liquide (1,40%) |
Summe Top 10 | 40,9% | 36,7% | 18,2% | 15,8% | 24,23% |
Anzahl Titel im Index | 50 | 50 | 434 | 600 | 237 |
Die Tabelle zeigt sehr klar die unterschiedlichen Diversifizierungen der Indizes. Im Stoxx Europe 50 und im Euro Stoxx 50 nehmen die einzelnen Positionen einen deutlich höheren Anteil ein, als bei den anderen beiden Indizes. Interessant ist vor allem der Vergleich vom Stoxx Europe 600 und dem Stoxx Europe 50. Die Indizes werden nach den gleichen Kriterien gebildet, daher sind die größten zehn Aktien auch jeweils die gleichen. Da im Stoxx Europe 600 aber 600 Werte und im Stoxx Europe 50 nur 50 Werte enthalten sind, nehmen die Top zehn Positionen in letzterem auch deutlich mehr Gewicht ein.
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Das Welt-Europa-Portfolio
Ziel einer höheren Gewichtung von Europa-Aktien ist, das Risiko im Portfolio breiter zu streuen. Daher wäre es nur folgerichtig, von den europäischen Indizes auch den Index auszuwählen, der am breitesten diversifiziert ist. Der Stoxx Europe 600 bildet 600 Werte in 17 europäischen Ländern ab, während im Gegensatz dazu der Euro Stoxx 50 nur 50 Werte verteilt über acht Länder abbildet. Der MSCI Europe reiht sich dazwischen ein.
Daher bietet sich der Stoxx Europe 600 für unser Portfolio an. Für die Auswahl sollte die Index-Performance nicht ausschlaggebend sein.
Wir mischen dem klassischen 70:30-Portfolio, also einem Portfolio, das zu 70% aus Aktien von Industrieländern und zu 30% aus Schwellenländern besteht, einen Anteil europäischer Aktien bei. Wie schon oben ausführlicher erläutert, bleibt der Schwellenländer-Anteil derselbe, der 70% Anteil teilt sich aber künftig in 50% und 20% auf. Für diese Variante wählen wir den MSCI World (Industrieländer), den MSCI Emerging Markets (Schwellenländer) und den Stoxx Europe 600 (Europa). Daraus ergibt sich dann diese Verteilung:
Das Welt-Europa-Portfolio
Nach BIP oder nach Marktkapitalisierung gewichten?
Viele mittelständische Unternehmen, aber auch große Weltkonzerne, wie Bosch, Chrysler oder Ineos sind nicht an der Börse gelistet und werden dementsprechend für die Berechnung der Marktkapitalisierung eines Landes auch nicht beachtet. Besonders in den USA sitzen stark wachsende und umsatz- und gewinnstarke Weltkonzerne, die einen beträchtlichen Teil der dortigen Börsenwerte ausmachen und dazu führen, dass die USA in einem nach Marktkapitalisierung gewichteten Portfolio einen beträchtlichen Teil einnehmen.
Da die Marktkapitalisierung der in den USA ansässigen Firmen etwa eineinhalb mal so groß ist, wie das Bruttoinlandsprodukt, kann dieser starken Gewichtung entgegengewirkt werden, indem man sein Portfolio ganz oder teilweise nach dem BIP gewichtet. Das hat den Vorteil, dass auch die Wirtschaftskraft eines Landes berücksichtigt wird, die beispielsweise von kleinen und mittelständischen Unternehmen getragen wird und auch einen erheblichen Anteil am Wohlstand haben.
Dagegen spricht allerdings, dass auch ein nach dem BIP gewichtetes Portfolio nur börsengelistete Unternehmen enthält. Man gewichtet also teilweise nach der Wirtschaftskraft von Unternehmen, die im Portfolio gar nicht enthalten sind und somit nicht zur Performance beitragen. Andersherum tragen auch Unternehmen, die einen Teil ihrer Gewinne im Ausland erzielen, zu einer hohen Marktkapitalisierung bei. In den USA betrifft das Firmen wie Apple, Microsoft oder Facebook. Deren Marktkapitalisierung repräsentiert also nicht nur die heimische Wirtschaft, sondern ist von der Weltwirtschaft stark beeinflusst.
Ist eine hohe US-Gewichtung im Weltportfolio sinnvoll?
Zunächst einmal erscheint es logisch, einen Weltindex und ein Weltportfolio nach Marktkapitalisierung zu gewichten. Ziel einer marktneutralen Investmentstrategie ist es, den Markt möglichst neutral abzubilden. Da in den USA ein großer Teil der Konzerne mit hoher Marktkapitalisierung ansässig ist, sind diese beim weltweiten Börsengeschehen ein Schwergewicht.
Aber die Musik spielt nicht nur an der Börse: Wie sieht ein Portfolio aus, in dem die 23 Industrieländer, die im MSCI World enthalten sind, nach ihrem Bruttoinlandsprodukt gewichtet werden? Wie die untenstehende Grafik zeigt, fallen Deutschland und Frankreich, die im MSCI World keinen nennenswerten Anteil ausmachen, hier tatsächlich ins Gewicht. Die USA haben nach wie vor mit Abstand den größten Anteil, machen aber nur noch deutlich weniger, als die Hälfte aus. Europäische Aktien würden etwa gleich stark ins Gewicht fallen wie amerikanische Papiere. Bei einem Weltportfolio kämen hier natürlich noch die Schwellenländer hinzu.
Verteilung des kaufkraftbereinigten BIP der 23 Industrieländer, die im MSCI World enthalten sind. Schwellenländer sind hier ausgeklammert
Quelle: IWF, 2019