Kapitelübersicht
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Strategie & Portfolio
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ETF-Auswahl
ETF Portfolio richtig entsparen
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- Entsparen bezeichnet das Auflösen von fest angelegtem Ersparten. Man sagt dazu auch Desinvestition.
- Sein in ETFs angelegtes Geld kann man entweder Schritt für Schritt veräußern oder von den Ausschüttungen leben, die anfallen.
- Dass ausschüttungsstarke ETFs besser fürs Entsparen wären oder gar höhere Erträge brächten, ist ein sich hartnäckig haltender Mythos. Die Steuerbarkeit der Entnahmen bei Teilverkäufen kann sogar sehr vorteilhaft sein.
- Klassischerweise werden außerdem feste Entsparpläne über Banken oder Sofortrenten angeboten, die aber mit höheren Kosten und geringerer Flexibilität verbunden sind.
- Zum schrittweisen Entsparen ist ein grober Entnahmeplan vonnöten, der einen Zeitplan vorgibt, nach dem die ETF-Anteile veräußert werden.
Was ist Entsparen?
Entsparen ist der Begriff für das Gegenteil des Sparens – also das Auflösen von Erspartem. Für diesen Vorgang wird auch der Begriff Desinvestition oder Absparen verwendet. Das Ziel des Entsparens ist es, (in unserem Fall in ETFs) fest investiertes Geld wieder in Kapital umzuwandeln, um es dann zum Beispiel zur Lebensführung verwenden zu können.
Es gibt verschiedene Strategien, um sein Erspartes aufzulösen. Generell ist es insbesondere aus steuerlicher Perspektive nicht ratsam, sein ganzes investiertes Geld auf einmal flüssig zu machen, weil dadurch die Steuerfreibeträge überschritten und eine größere Steuerzahlung auf einen Schlag fällig wird. Zudem kann das Vermögen nicht für einen weiterarbeiten, da es eben vollständig desinvestiert ist.
Schritt für Schritt: Entsparen durch Teilverkäufe
Die erste Option besteht darin, das angesparte Vermögen Schritt für Schritt liquide zu machen. Bei ETFs bedeutet das, ETF-Anteile stückchenweise zu veräußern. Hierfür ist es zentral, sich vorher einen Plan zu machen, um die Teilverkäufe zu strukturieren. Für diesen ist es erst einmal notwendig, den eigenen Bedarf zu ermitteln. Eventuell gibt es noch andere Einnahmequellen, sodass man nicht vollständig auf die Teilverkäufe aus ETFs angewiesen ist.
Der Plan beruht dann vor allem auf einem groben Zeitplan. Dieser beinhaltet zum Beispiel, in welchen Intervallen Teilverkäufe getätigt werden (zum Beispiel einmal im Jahr oder einmal im Halbjahr) und wie viel verkauft wird. Die Zeitplanung kann mit Schwierigkeiten verbunden sein, da man nicht vorhersagen kann, wie lange man zum Beispiel diese Einkünfte im Rentenalter noch braucht. Eine andere Unsicherheit besteht im Wechselspiel der Börse. Das Auf und Ab der Kurse kann einen starken Effekt auf die Höhe des Vermögens haben, vor allem, wenn sich ein Börsencrash ereignet. Allerdings investiert man passiv mit einem langen Anlagehorizont und entspart ebenso über einen längeren Zeitraum (beispielsweise 20, 30 Jahre), wodurch sich negative Effekte wie Crashs oder Downturns im Durchschnitt wieder ausgleichen sollen.
Bei der Planung des schrittweisen Entsparens sind außerdem steuerliche Aspekte zu berücksichtigen. Der jährliche Sparerpauschbetrag (siehe unser Artikel zu ETF und Steuern) liegt derzeit bei 1.000€ für Singles und 2.000€ für Ehepaare. Wenn ein steuerlich optimiertes Anlagemodell gewählt wurde, ist nur ein gewisser Teil der ETF-Anteile überhaupt noch steuerlich relevant. Auch können (derzeit noch) beim Entsparen deutlich mehr Transaktionskosten anfallen als beim Ansparen selber. Deswegen ist es wichtig, sich mit dem Kostenmodell des eigenen Brokers auseinanderzusetzen. Wer lediglich für die ferne Zukunft übers Entsparen nachdenkt, kann beruhigt sein, da es immer möglich ist, sein Depot kostenlos zu einem anderen Anbieter zu übertragen, der bessere Konditionen anbietet.
Von Ausschüttungen leben
Die zweite Art, Entnahmen aus ETFs zu generieren, läuft über Ausschüttungen. Nicht-thesaurierende ETFs bieten sich hierfür an, da sie regelmäßig eine sogenannte Ausschüttungsrendite ausgeben, die dann zum Lebensunterhalt verwendet werden kann. Auch dividendenstarke ETFs, die auf Aktien mit hoher Dividendenrendite setzen, eignen sich für eine solche Renten-Strategie.
Bei dieser Strategie ist man ebenfalls bis zu einem gewissen Grad von den Schwankungen des Markts abhängig, was einen Unsicherheitsfaktor nach sich zieht. Zusätzlich fällt bei dieser Strategie ins Gewicht, dass in wirtschaftlichen Krisenzeiten oftmals die Höhe der Dividendenrenditen gekürzt wird.
Entsparen durch Ausschüttungen oder Teilverkäufe: Was ist besser?
Nicht nur im Bereich des Entsparens bzw. Desinvestierens hält sich hartnäckig das Gerücht, dass eine ausschüttungsfokussierte (Entspar-)Strategie ertragreicher wäre als eine sich auf Teilverkäufe stützende. Gerd Kommer weist in seinem Standardwerk “Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs” zurecht darauf hin, dass dies mit der Realität wenig zu tun hat. Die Renditeerwartungen sind in beiden Fällen dieselben, ob man nun Kapital durch Ausschüttungen entnimmt oder eine Rendite virtuell durch Teilverkäufe erzeugt. Den Unterschied macht in jedem Fall die Höhe der Entnahme im Verhältnis zur Größe des Vermögens aus. Ab einer gewissen Entnahmehöhe schmilzt man das Vermögen ab, vorher nicht.
Kommer unterstreicht, dass die Strategie der Teilverkäufe den Vorteil einer einfachen Steuerbarkeit der Entnahmen mit sich bringt. Auch die Schwankungen der Märkte lassen sich durch selbstgewählte Entnahmen per Teilverkäufen bis zu einem gewissen Grad ausgleichen. Hinzu kommt, dass das Auswahlkriterium “hohe Ausschüttungsrendite” für einen ETF letztendlich ein willkürliches ist, das auf lange Sicht sogar zu einem Investitionsnachteil werden kann. Worauf Anleger stets ein Augenmerk richten sollten, ist die Gesamtrendite.
Entsparen lassen
Eine dritte Variante, die weniger häufig im ETF-Bereich vorkommt, besteht aus Finanzprodukten mit einkalkuliertem Entsparplan. Dazu zählen Bankauszahlpläne, Sofortrenten oder Fondsauszahlpläne. Nur die letzte Art des Entsparens ist potentiell mit ETFs zu haben, wenn auch das derzeit noch nicht besonders häufig zu finden ist. In allen Fällen zahlt ein Finanzunternehmen (beim Bankauszahlplan beispielsweise die Bank) in einem vorher festgelegten Zeitrahmen feste Raten an den Kunden aus. Vorteile sind bei Sofortrenten und Bankauszahlplänen die hohe Sicherheit der Auszahlung, Nachteile bestehen bei allen dreien in den hohen Kosten, der niedrigeren Rendite und der fehlenden Flexibilität im Vergleich zu einem passiven Investmentansatz mit selbstbestimmter Desinvestition.
Abschließend lässt sich sagen, dass auch Mischformen aus festen Entsparplänen im Rahmen von Fest- oder Tagesgeldanlagen und kapitalmarktabhängigen Ausschüttungen oder Teilverkäufen von ETFs denkbar sind, die ein gewisses Maß von Sicherheit und Flexibilität individuell miteinander kombinieren.